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Für sich genommen ist Sarlat bestimmt eine sehr hübsche Stadt und wir hatten sogar erwogen, nochmal in einem anderen Hotel nachzufragen, nachdem wir das Zimmer im St. Albert nur für eine Nacht hatten mieten können. Aber ein Blick vor die Tür genügte, um uns für die Abreise zu entscheiden. Durch die Straßen schob sich beinahe Stossstange an Stossstange eine unendliche Kette von Autos. In der Altstadt war zu dem Touristengetümmel auch noch Markt, so dass wir nach dem Morgenkaffee mit unseren Rädern beinahe im Getümmel stecken blieben und steil bergauf durch enge Gassen zur Ringstraße flüchteten, wo wir uns im Slalom zwischen den schleichenden Autos voranarbeiteten, um endlich auf einer hügeligen kleinen Straße nach Vitrac zu gelangen. So richtig gemütlich ruhig wurde es an diesem Tag nur selten. Auf fast allen Straßen herrschte reger Touristenverkehr.

Landschaft bei VitracIrgendwie steckten uns auch noch die Anstiege der beiden vorangegangenen Tage in den Knochen, so dass wir ziemlich müde dahintrotteten und keine lange Tagesetappe zurücklegen wollten. Außerdem schien es uns geraten, frühzeitig eine Unterkunft zu suchen.

Ab Castelnaud-la-Chapelle hielten wir uns eng am linken Ufer der Dordogne, wechselten bei Allas-les-Mines auf die andere Seite und fuhren dann auf einer Sandstraße eng an der Bahnlinie entlang nach St. Cyprien. Schon am Nachmittag hatte sich der Himmel langsam zugezogen und gelegentlich fielen einzelne Regentropfen, es blieb aber heiß.

Straße in St.CyprienIn St. Cyprien bekamen wir beim Touristoffice einen Plan und fanden bald ein nettes kleines Hotel, das uns an alte Zeiten erinnerte. Billig, einfach aber sauber, ohne TV und mit Dusche und WC über den Flur. Wir ruhten etwas aus und machten uns dann auf durch die ruhigen und überaus malerischen Gassen. Danach gab es unter knallbunten Sonnenschirmen einen Pastis, während rund um uns bereits eifrig die Tische gedeckt wurden, eine Altherrencombo ihre Musikanlage aufbaute und die ersten holländischen Touristen von den umliegenden Campingplätzen zum Abendessen einfielen.

Toreingang in St. CyprienWir selbst kehrten zurück in unser Hôtel Restaurant La Gravette und verbrachten den Abend bei gutem Essen und einem späten Glas Wein im hübschen Garten hinter dem Haus.

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Heute verzichteten wir aufs Hotelfrühstück und kauften uns stattdessen in einer Boulangerie Croissants und Pain au chocolat, ließen sie uns auf dem Platz schmecken und setzten uns dann zum Milchkaffee in eine Bar.

Weil wir heute nur bis Sarlat kommen wollten, wählten wir den Weg über das malerische Domme, auch wenn wir dabei laut Landkarte einen kirchturmhohen Höhenunterschied zu erwarten hatten. Dass es sich dabei allerdings um das Ulmer Münster handeln würde, sogar noch um ein paar Meter mehr, wurde uns erst unterwegs klar. Zunächst ging es recht gemütlich durchs Tal der Dordogne nach Saint Julien de Lampon, und erst bei Groléjac begann dann ein beinahe kontinuierlicher Aufstieg um über 200m auf etwa acht Kilometern. Das war nie unangenehm steil, aber doch durch die Länge ziemlich anstrengend. Zum Glück gab es wenigstens auch reichlich Schatten.

Hochebene bei DommeDafür öffnete sich dann auf der Hochebene ein weiter Blick und etwas abwärts gelangten wir nach Domme, von wo aus sich wunderbare Aussicht auf das Tal der Dordogne bietet, wo aber auch der Massentourismus sich selbst besichtigt und es, obwohl man den kleinen Ort mit Leichtigkeit zu Fuß durchlaufen kann, auch zwei Besichtigungs-Bähnchen gibt, die mit Lautsprecherschall durch die Gassen touren.

Aussichtspunkt in Domme

Blick über das Tal der DordogneAbwärts ins Tal nach Vitrac wurde der Verkehr etwas mehr und die D46 nach Sarlat, an einem kleinen Flüsschen entlang, erwies sich als Rennbahn für PKW, Wohnwagen und auch große Trucks und war kein Vergnügen.

Sarlat fanden wir voll von Touristen, so dass wie in den Gassen kaum vorankamen. Die Hotelsuche erwies sich als schwierig, weil dort, wo wir fragten, bereits belegt war. Das Touristoffice hatte zwar eine Liste, aber leider half die auch nicht und eher im Vorbeifahren entdeckten wir dann das Hotel Saint Albert, wo wir wenigstens für eine Nacht ein enges, niedriges aber stilles Dachstübchen fanden.

Jongleur in SarlatAuf den Straßen war auch abends Trubel, in den Restaurants Gedränge und im "Cour des Poetes" gab man sich zwar Mühe, dem Ansturm flott und freundlich gerecht zu werden, aber die Küche konnte nicht wirklich mithalten. Immerhin gab es zum Anfang frischen Salat und am Ende guten Apfelkuchen.

Einrad-AkrobatNach dem Abendessen schlenderten wir noch weiter durch die Gassen und über die Plätze und schauten den Darbietungen von Artisten zu, deren Künste uns so gefielen, dass wir gerne auch etwas spendeten.

Verkaufsstand

Als wir gerade zu Bett gegangen waren, ratterte einmal direkt hinter dem Hotel ein Zug vorbei, ein zweites Mal morgens, fast gleichzeitig mit unserem Wecker. Sonst hatten wir eine angenehme Nacht im Auberge du Vieux Port und am Morgen schien auch schon die Sonne zum Fenster herein.

Hotelfenster in GagnacFrühstück gab es auf der Terrasse vor dem Haus, dann machten wir uns wieder auf den Weg. Nach ein paar Kilometern kreuzten wir vor Puybrun erstmals die Dordogne, bei Carennac erneut und so folgten wir den ganzen Tag über ihrem Lauf, mal diesseits, mal jenseits, mal näher, mal ferner, mal im weiten Tal, vorbei an Feldern von Tabak und Mais, mal an hohen Felswänden entlang, wo sich die Mittagshitze staute und wo wir doch versuchten, zügig voranzukommen, weil gelegentlich Felsbrocken und kleinere Steine  auf der Straße lagen und Einschläge im Asphalt davon deuteten, dass bisweilen auch größere Stücke herunter kommen konnten. Es duftete nach Feigenbäumen und anderen ätherischen Aromen des südlichen Sommers, trotz Urlauberverkehrs, auch von vielen Niederländern, waren die Straßen meist angenehm ruhig.

Straße an der DordogneEtwas mehr touristisches Leben versammelte sich in dem sehr malerischen Carennac. Auch wir machten eine Weile Halt, besuchten die alte Kirche, fotografierten ein Wenig und sahen dem Treiben zu.

Kirche in CarennacIn Creysse machten wir Mittagspause, dann folgten wir, zum Teil in langen heißen Anstiegen und ebenso langen erfrischenden Abfahrten weiter den Schleifen des Flusses, auf dem wir immer wieder Gruppen von Kanufahrern sahen. So erreichten wir am späten Nachmittag Souillac und entschieden uns nach kurzem Umsehen für La Vieille Auberge als Unterkunft.

Autofreunde mit einem alten CitroenOldtimerWir machten uns frisch, setzten uns für einen Pastis auf den Hauptplatz und schlenderten dann bis zum Abendessen durch die Straßen, in denen die Vorbereitungen für ein Sommerspektakel mit Musik, Jahrmarkt, einer kleinen Schau von alten Autos und allerlei anderer Unterhaltung im Gang waren. Nach einem sehr angenehmen Abendessen im Hotel machten wir noch einen längeren Rundgang durch die belebten Gassen der Stadt.

Abendlicher Markt

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Das Abendessen im Hotel Le Renaissance war recht gut, wenn auch etwas schwer für die späte Stunde. Auf der Suche nach ein paar Flaschen Mineralwasser durchkreuzten wir am Morgen die rigoros verkehrsberuhigte Altstadt. Es gibt sogar Poller, die beim Herannahen des öffentlichen Busses abgesenkt werden und hinter ihm wieder hochfahren und die Durchfahrt sperren. Offenbar setzt man hier nicht auf Einsicht, sondern wendet gleich Zwang an.

Kühe der AuvergneDer Start der Tagesetappe war etwas verhunzt, denn der Versuch, stärker befahrene Straßen zu meiden, führte zunächst auf eine grobe Schotterpiste, später auf einen Mountainbike-Trail, aber die D18 erwies sich dann als angenehm ruhig und auf ihr gelangten wir zum Stausee am Zusammenfluss von Authre und Cère, den wir nördlich umrundeten.

StauseeObwohl die Tagesetappe in der Summe von über 600 auf nur mehr etwas über hundert Meter Meereshöhe führte, gab es auf den knapp 72 Kilometern doch auch einige recht anstrengende Steigungen, die sich zum Teil recht lang hinzogen. Vor allem in der Hitze des frühen Nachmittags war das auf der heißen Asphaltstraße außerordentlich schweisstreibend, so dass wir unterwegs nochmal drei Liter Wasser kauften, die bis zum Abend fast ausgetrunken waren.

Blick zurück nach einem AufstiegNachdem sich nach der D18 auch die D653 im Cantal, sowie die  D3 und die D31 später im Département Lot als angenehm verkehrsarm erwiesen, wichen wir an verschiedenen Stellen von der vorgeplanten Route ab, die über noch kleinere Straßen und Wege geführt hätte. Wir staunten, wie viel sich hier in den  mehr als 25 Jahren seit unserer letzten Frankreich-Radtour nicht geändert hatte. Die immer etwas unebenen Straßen mit dem in der Mittagshitze feuchtglänzenden Asphalt, der schwarze Rollsplitt, der einen bei kurvenreichen Abfahrten zusätzlich zwingt, das Tempo zu mäßigen, die breit ausgebauten und doch kaum befahrenen Straßen, die im Vergleich zu Bayern doch sehr viel dünnere Besiedelung. Einfamilienhäuser mit maximal gepflegten Gärten, einzeln oder in kleinen Siedlungen mitten in der Landschaft, ohne Anbindung an Buslinien und ohne Einkaufsmöglichkeit. Verfallende Bauernhöfe und einstürzende Scheunen, viele Schilder mit Immobilienangeboten.

TeyssieuDem Lauf der Cère folgend, immer etwas auf und ab, erreichten wir schließlich unser Tagesziel, Gagnac sur Cère, und, jenseits des Flusses, nur ein kleines Stück aufwärts, das letzte vorgebuchte Hotel dieser Tour, L'Auberge du Vieux Port. Für nur zwei Hotelsterne ziemlich modern und overstyled, mit Sanitärkeramik vom Feinsten, wo man kaum einmal ein Hemd herauswaschen kann, einer geräumigen Komfort-Dusche, Typ "Singing in the Rain" ohne Tür und ohne Ablagemöglichkeit fürs Handtuch. Aber das ist fast überall so, nicht nur hier und nicht nur in Frankreich. Die solche Zimmer planen und ausstatten, müssen nicht darin wohnen. Deshalb gibt es nur selten Handtuchhaken oder -halter in mindestens der Zahl der angebotenen Tücher, kaum je genügend Kleiderhaken in Zimmer und Bad und so gut wie nie eine reguläre Möglichkeit zum Aufhängen gewaschener Kleinwäsche, wie mann und frau das beim autolosen Wandern oder Radeln dringend bräuchte.

Aber das Essen im Auberge du Vieux Port war ganz wunderbar, der Abend auf der Terrasse angenehm lau und wenn uns nicht die ungewohnten Anstrengungen dieser ersten Radl-Etappe in den Knochen gesessen hätten, wären wir sicher noch eine Weile länger draußen sitzen geblieben. Im Tal hörte man Büchsenknallen der Jäger, aber als wir in unser Zimmer gingen, hatte das auch schon aufgehört.

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Erst mittags von zu Hause aufzubrechen, lässt eine Reise wunderbar entspannt beginnen. Wir nahmen bequemer Weise die S-Bahn zum Hauptbahnhof. Der erste Zug brachte uns dann nach Zürich, der zweite, sehr komfortabel Roll-on-Roll-off, ohne das Gepäck abzunehmen durch das schöne Schweizerland nach Genf. Dort wies uns Garmin souverän den Weg zum schon gebuchten Etap-Hotel. Abendessen gab es in einem nahen Restaurant. Dann war der erste Reisetag auch schon zu Ende.

Schweiz - Blick aus dem Zugfenster

Wie bereits einmal festgestellt, handelt es sich bei den Zimmern der Etap-Hotels mit ihren harten Normbetten um schlicht effiziente Vorrichtungen zur Durchführung des Nachtschlafes. Nicht mehr, nicht weniger. Klimaanlage, Fenster fest verriegelt, genormte Duschzelle, Miniwaschbecken, Kloschrank. Alles was man braucht. Nicht mehr.

Um knapp acht Uhr, Sekunden vor dem Wecker, Pochen an der Tür. Die italienisch sprechende Putzfrau. Jetzt noch nicht.

Beim Frühstück immerhin freie Mengenwahl von Speis und Trank. Dann vom Zimmer voll bepackt mit dem Lift hinab zur Tiefgarage. Auf dem Weg zum Bahnhof hatten wir nochmal Gelegenheit, uns über die fahrradfreundliche Verkehrsplanung zu freuen. Rot markierte Fahrradfurten, separate Ampelschaltungen, alles sehr nett geplant und ausgeführt.

Am Bahnhof machten wir dann ganz unerwartet eine Grenzerfahrung alter Art. Auf dem Weg zum Gleis nach Frankreich gab es eine Sicherheitsschleuse mit einem langen schmalen Flur, vor der wir mit vielen anderen Reisenden längere Zeit ausharren mussten, bis wir dann doch ganz ohne weitere Formalitäten durchgewunken wurden.

Im Zug quetschten wir uns mit den bepackten Rädern in den Einstiegsraum eines Wagens, den wir mit etlichen Koffern und einer ausladenden afrikanischen Mutti samt Kind teilen mussten und machten uns schon auf eine ungemütliche Fahrt gefasst. Zum Glück zeigte uns die Schaffnerin dann doch noch das unauffällig beschriftete Velo-Abteil, wo unsere Räder wohlverwahrt hängend Lyon entgegenschaukeln konnten, während wir es uns in einiger Entfernung auf weichen Polstersesseln bequem machten. Der Zug füllte sich allerdings zusehens, es wurde eng in den Fluren und so begannen wir schon eine ganze Weile vor der Ankunft damit, uns portionsweise mit den insgesamt elf Fahrradtaschen durch die zwei Waggons bis zu den Rädern zu bugsieren, um beim Ausstieg alles beisammen zu haben.

Der Bahnhof Lyon Part Dieu erfreute uns durch bequeme Rampen von den Bahnsteigen hinunter in die geräumige Wartehalle und der Anschluss ließ uns reichlich Zeit für eine kleine Zwischenmahlzeit mit hartgekochten Eiern und den letzten Tomaten vom heimischen Strauch.

Lyon Part DieuEntgegen unseren Erwartungen sind an diesem Dienstag doch sehr viele Ferienreisende unterwegs. Auch ganze Kinderscharen mit Betreuern auf Ferienverschickung. Der Einstieg in den nächsten Zug gelang nur knapp, weil alle in die letzte Tür drängten und die Hängeplätze für die Räder schon mit Menschen und ihren riesigen Koffern belagert waren. Um nicht auf dem Bahnsteig bleiben zu müssen, während Friederike schon im Zug feststeckte, winkte ich einen orangebewesteten Helfer herbei, der uns freundlicher Weise den nötigen Raum verschaffte. So traten wir zwar etwas eingekeilt, aber immerhin ungetrennt den Weg nach Clermont-Ferrand an.

Mit Fahrrädern im ZugDort brauchten wir noch eine Fahrkarte und in Ermangelung von Rampen und Aufzügen wurde es zum Schluss etwas hektisch, bis wir treppab treppauf am Bahnsteig waren und uns in den auch hier recht vollen Zug gezwängt hatten. So ging es dann durch das Hügelland der Auvergne. Es wurde bergig und kurvenreich, Zweige bürschtelten bisweilen den Zug, der sich von Station zu Station leerte. Die Farbe der Kühe wechselte von weiss nach dem charakteristischen glatten Rotbraun der in dieser Gegend üblichen Rasse. Die Ortsnamen wurden vertrauter. Hier hatten wir vor dreissig Jahren Wanderurlaub gemacht, später die Gegend auch einmal mit Fahrrädern durchquert. Wir guckten aus den Fenstern und suchten bekannte Berge und Ortschaften.

Zwei Tage Anreise sind eine Menge Zeit und 1150 km ein weiter Weg, aber schließlich erreichten wir Aurillac, gleich auch unser Hotel, Le Renaissance, und bald saßen wir zufrieden beim ersten französischen Abendmenü  seit vielen Jahren. Ab morgen wird geradelt.

Der Wetterbericht war nicht sehr günstig und so wussten wir nicht genau, wo unsere Tagesreise enden würde. Eigentlich wären wir gerne über Rosenheim und Feldkirchen nach Hause gefahren und hätten noch irgendwo unterwegs eine Nacht Halt gemacht, aber das musste sich im Laufe des Tages ergeben. Wir verließen Tittmoning durch das Laufener Tor und wandten uns bald danach rechts am ehemaligen Bahnhof vorbei der alten Eisenbahnstrecke zu. Dort wo ich als Kind immer im Schienenbus vorne beim Fahrer sein durfte, der bei jedem Feldwegübergang weithin hörbar die Signalpfeife ertönen ließ, beginnt heute ein Radweg in gemächlicher Steigung aus dem Tal hinauf. Linerding, Gramsam, Maierhofen, Holzhausen, Falting, Harmoning, Tengling, Lampertsham, Palling, Höhenstetten.

Vor Traunreut westwärts nach St. Georgen, Hassmoning, Truchtlaching und ab da südwärts in Richtung Seebruck am Chiemsee. Von jetzt an ging es nahe am Ufer entlang weiter, während am Horizont immer finsterere Gewitterwolken aufzogen und schon einzelne Blitze zuckten. Wir radelten zügig voran, bei den ersten Häusern von Prien begann es zu regnen und kaum hatten wir den Bahnhof erreicht, ging mit Donnerkrachen und Wolkenbruch ein Unwetter nieder, das unsere Reise vorzeitig beendete. Wir warteten auf den nächsten Regionalzug nach München und fuhren nach Hause.

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Am Morgen fanden wir die Stadt festlich geschmückt. Das Rathaus hatte Fahnen gehisst, auf dem Stadtplatz waren Altäre aufgebaut und vor vielen Fenstern hingen feierlich die roten Tücher. Während aus den offenen Türen der Pfarrkirche Orgelmusik und Chorgesang erklangen, betrachteten wir außen Reliefs und Gemälde und machten uns allerlei Gedanken.

Als der Gottesdienst zu Ende war, begann der Fronleichnamszug durch die schmale Stiftsgasse hinaus auf den sonnigen Stadtplatz. Fahnenträger, Männer und Frauen in festlicher Tracht, Blechbläser, Ministrantinnen und Ministranten, weihrauchumhüllt unter dem von vier Männern getragenen Baldachin der Priester mit der Monstranz. So ging der Zug von Altar zu Altar über den schönen Platz und immer wenn die Gebete gesprochen waren und der Priester das Allerheiligste erhob, grüßten die Schützen mit ohrenbetäubenden Böllerschüssen. Ein irgendwie doch seltsamer Brauch, der in Bayern weithin gepflogen wird.

Aber bunt und festlich war es und auch schön zu fotografieren und so gibt es hier noch eine ganze Serie weiterer Bilder.

Als der Zug den Platz wieder verlassen hatte besuchten wir meine betagte Tante, die am Stadtplatz wohnt und sich alles bequem vom Fenster ihrer Wohnung aus hatte anschauen können. Dann holten wir unsere Räder aus dem Abstellraum beim Hotel und fuhren nochmal hinüber nach Österreich, diesmal südwärts nach Ostermiething und Haigermoos, am Höllerersee entlang nach Sankt Pantaleon und über Kirchberg wieder hinunter zur Salzach, wo wir am Ufer entlang zurück nach Tittmoning kamen. Dort wandten wir uns in der Wasservorstadt gleich wieder flussaufwärts und fuhren über Hainach und Wies auf Abtenham zu, dem Heimatort meines Vaters.

Den Aufenthalt am Bauernhof bei Großeltern, Onkel, Tanten und Cousine hatte ich als Stadtkind stets sehr genossen und jedes Mal wenn ich zu Besuch komme, wird davon erzählt, wie ausgelassen ich damals nach der Ankunft immer ums Haus tobte und die ländliche Freiheit genoss. Hier habe ich viele Wochen meiner Kindheit und frühen Jugend verbracht und vieles erlebt und gelernt. Bairische Sprache und ländliche Tradition, die Arbeit mit und die Ehrfurcht vor der Natur, Aussaat und Ernte, Geburt, Aufzucht und Schlachtung von Tieren, Traktorfahren und allerlei handwerkliche Fertigkeiten.

Wir wurden herzlich empfangen, es gab Kaffee und Kuchen auf der Bank vor dem Haus beim uralten Kastanienbaum, Erzählungen von damals und heute und einen kleinen Rundgang zu Ponys und Eseln. Vieles hat sich geändert im Laufe der Jahre, vieles ist mir noch immer vertraut. Spät nachmittags nahmen wir Abschied und fuhren wieder auf Tittmoning zu.

In meiner Kindheit gab es an der Salzachbrücke bei Tittmoning noch eine echte Staatsgrenze mit Zöllnern und Grenzpolizei und gelegentlichen Kontrollen. Heute, zu Zeiten von EU und Schengen, sind die Gebäude wie überall verwaist oder werden anderweitig genutzt. Auf dem Weg zur Grenze fanden wir in der netten kleinen Buchhandlung von Brigitte Riedel die passenden Landkarten und fuhren dann ganz unbehelligt hinüber nach Österreich.

Bald ging es an der Ostseite des Salzachtals nordwärts recht steil hinauf in Richtung St. Radegund. Wir besichtigten Kirche und Friedhof und wunderten uns etwas über die allgegenwärtige Verehrung, die dem jüngst seliggesprochenen Märtyrer Franz Jägerstätter hier zuteil wird. Er war Landwirt und Mesner am Ort und wurde von den Nazis wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichtet. Das verdient sicher Respekt, aber ob deswegen sein Bild riesengroß die Fassade der Kirche beherrschen und sein Name in massiven Lettern eine Mauer schmücken muß?

Christusfigur in der Wallfahrtskirche St. Radegund

Wir fuhren weiter nach Holzgassen, von dort hinunter zur Salzach, wo wir eine nette Bank zu Rast und Brotzeit fanden und dann weiter auf Burghausen zu, dessen langgezogene Burganlage man von dieser Seite aus besonders gut sieht. Über die Neue Brücke kommend erreichten wir auf dem bekannten "Walk of Fame" in den Grüben die Altstadt und plagten uns dann den Ludwigsberg hinauf zur Burg, von wo aus wir eine Weile auf Stadt und Land schauten. Stadt und Burg kennen wir schon von früheren Besuchen recht gut, so dass wir uns diesmal eine genaue Besichtigung sparten und stattdessen eine alten Onkel in der Neustadt besuchten.

Blick zur Burg

Für die Rückfahrt wählten wir den Salzhandelsweg und machten bald Station an der Wallfahrtskirche Marienberg. Bemerkenswert das Beieinander von üppigem Rokokogold und Tod.

Deckenfresko Marienberg

Putten mit Gebotstafeln

Figur mit Kelch und Hostie

Figur mit Drachen

Skelett des Märtyrers St. Felix

Totenschädel am Aufgang zur Kirche

Weiter dem Salzhandelsweg folgend kamen wir vorbei am Leitgeringer See vom westlichen Salzach-Hochufer her auf Tittmoning zu und nutzten die Gelegenheit zu einem kurzen Besuch an der Wallfahrtskirche Maria Brunn in Ponlach, wo meine Eltern anno 1951 geheiratet haben. Mein Großvater hatte zu der nur eine kleine Gemeinde fassenden Kirche den Spruch: "Wenn alle reingehen, gehen nicht alle rein. Wenn nicht alle reingehen, gehen alle rein." Auf dem Rückweg warfen wir noch einen Blick in den Hof der Tittmoninger Burg und fuhren dann hinunter und durch das Laufener Tor wieder in die Stadt.

Kirche Maria Brunn in Ponlach

Der Tag begann trocken, aber unerwartet kühl. Der Himmel sah nicht unfreundlich aus, aber am Fenster war es frisch und die Menschen auf dem Platz vor dem Hotel trugen warme Kleidung.

Rathausplatz WasserburgNach einer kurzen Runde durch die Stadt erreichten wir den etwas durchfeuchteten Auweg am Inn und schon bald die erste sportliche Herausforderung des Tages, den Aufstieg zur Innbrücke.

Blick von der Innbrücke auf WasserburgAuch am anderen Ufer ging es noch eine Weile bergan, dann wieder mit wunderbaren Aussichten übers Land.

LandschaftGastronomisch war das Angebot allerdings eher karg, in Schnaitsee besorgten wir uns im Supermarkt heissen Kaffee im Pappbecher. Der wärmte unsere klammen Finger und schmeckte gar nicht schlecht.

LandschaftIn Wald an der Alz machten wir unter einigen über dreihundert Jahre alten Linden Brotzeit. Die hatte gewiss auch schon meine Ururgroßmutter gesehen, die 1811 hier zur Welt gekommen war. Unseren kleinen Abstecher in die Landschaft der Ahnen setzen wir in Grasset fort, wo die Familie lange Zeit gelebt hatte und wo der Urgroßvater Schmied gewesen war und dann noch in Halsbach, das auch in den standesamtlichen Auskünften verzeichnet ist, die mein Vater vor langer Zeit einmal eingeholt hat. Weithin bekannt wurde der Ort Anfang dieses Jahres durch den erfolgreichen Kampf der Bürger gegen die Neonazis, die den örtlichen Gasthof kaufen und für ihre Veranstaltungen nutzen wollten.

Blick auf HalsbachDurch einige kräftige, zum Teil auch langgezogene Anstiege begann sich die Tagesetappe zu dehnen und schließlich kürzten wir die geplante Route ab und fuhren auf etwas belebteren Straßen über Asten nach Tittmoning, unserem Stützpunkt für die nächsten Tage.

TittmoningAuch hier hatten wir vorbestellt und fanden uns glücklich, in einem Zimmer mit goldenem Bett und darüber im Sonnenuntergang tanzenden Delfinen wohnen zu dürfen:

Hotel FlorianistubenEin abendlicher Rundgang um den wirklich sehr hübschen und gepflegten Stadtplatz führte uns auch an das Haus, in dem Josef Ratzinger als kleines Kind einmal gewohnt hat, als er noch nicht Papst Benedikt XVI hieß. Die Eigentümer eines anderen Gebäudes am Stadtplatz hat das nicht gehindert, es "Palais Benedikt" zu nennen, pompös herzurichten und auch noch etwas "Kunst am Bau" anzubringen:

Palais BenediktNach einem abendlichen Flötzinger Bier gingen wir müde ins Bett.

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Trackaufzeichnung (GPX)

So ziemlich die ganze Nacht hindurch hatte es kräftig geregnet und wir wollten gar nicht wissen, wie durchweicht die Waldwege sein würden, auf denen wir eigentlich unsere Tour hatten beginnen wollen. So setzte ich mich noch einmal an den Computer und plante um. Mittags hörte freundlicher Weise dann auch der Regen auf und so konnten wir am frühen Nachmittag starten.

Statt, wie zunächst geplant, direkt von Hohenbrunn durch den Wald nach Harthausen zu fahren und von dort weiter über Wolfersberg nach Schattenhofen, machten wir einen weiten Bogen bis an den Rand des Ebersberger Forsts und fuhren auf meist sehr ruhigen aber durchwegs geteerten Straßen über Baldham, Pöring und Eglharting nach Buch so dass wir erst kurz vor Schattenhofen auf den Panoramaweg Isar-Inn trafen, wie sich erwies eigentlich gerade an der Stelle, wo er wirklich beginnt, seinem Namen Ehre zu machen und nicht mehr nur durch den Wald führt, sondern immer wieder auch über weites offenes Land.

LandstraßeAuch wenn es die ganze Fahrt über trocken blieb, zeigte der Himmel doch Wolken in allen Schattierungen und Formationen, aber darunter war es klar und so sahen wir weit über die hügelige Moränenlandschaft und hatten immer wieder wunderbare Ausblicke auf die noch immer schneefleckige Alpenkette.

AlpenpanoramaMeist hielten wir uns auf der beschilderten Route, aber an manchen Stellen war ich auch davon abgewichen und das hatte sich landschaftlich durchaus gelohnt. Wer mag, kann sich die Trackaufzeichnung unten ansehen und versuchen, uns nachzufahren.

PanoramaradwegAngesichts des unsicheren Wetters hatten wir für Wasserburg vorsorglich ein Zimmer im Hotel Paulanerstuben gegenüber dem Rathaus reserviert. Das Haus ziert eine beeindruckende Rokokofassade, unser Zimmer geht zum Marienplatz hinaus, ist geräumig und hat einen kleinen Erker mit netten Seitenfensterchen. Besonders erwähnenswert ist ein eigener Fahrradabstellraum, denn man von der Innseite her ebenerdig erreichen kann. Wir waren nicht die einzigen, die ihre Räder dort parkten.

Hotel Paulanerstuben im KernhausWir machten einen Rundgang durch die malerischen Straßen mit ihren bunten Fassaden, schauten von der hohen Burg aus über die Stadt und gingen dann im einsetzenden Regen wieder hinunter. In der "Perla di Calabria" war das Essen in Ordnung. Anschließend gab es in der "Ratsstube" noch ein Flötzinger Bier vom Fass, am Nebentisch kam es nach langen und für uns leider unüberhörbaren Präliminarien zum Austausch von Mailadressen zwischen Student und Studentin der örtlichen Fachhochschule und zum Ausklang erzählte uns noch der freundliche ungarische Wirt sein Leben. Dann war es für diesen Tag genug und wir gingen zurück ins Hotel.

Wasserburger Häuserfassaden

 

Track Riemerling-WasserburgHöhenprofilTrackaufzeichnung (GPX)