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Heute profitierten wir ganz besonders von der günstigen Lage unseres Hotels. Morgens gingen wir zu Fuß zur Hagia Sophia, der großen Moschee, die einst als christliche Kathedrale das Zentrum Ost-Roms gewesen war und heute als Museum säkularisiert ist. Bis wir hinein konnten, mussten wir erst ziemlich lang in der Sonne Schlange stehen, um Eintrittskarten zu lösen und später nochmal etwas weniger lang, um auf das Gelände zu kommen. Der Besuch drinnen war wirklich eindrucksvoll und lohnend, auch wenn natürlich großer Besucherandrang war.

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Anschließend wanderten wir über den großen Platz zur Sultan-Ahmed-Moschee und trafen dort im Vorhof ganz zufällig Bekannte, mit denen wir uns eigentlich erst in den nächsten Tagen hatten verabreden wollen.

DSC_2099So unternahmen wir die Besichtigung gemeinsam und setzten uns anschließend noch zum Kaffee. Langsam weicht die Winterblässe aus unseren Gesichtern, denn es ist sonnig und tagsüber schon sehr warm.DSC_2126 DSC_2130Anschließend machten wir kurz Pause im Hotel und fuhren dann mit der Straßenbahn hinüber nach Beyoglu, zum Abendessen und anschließenden Flanieren.

Gut ausgeruht starteten wir in unseren ersten Tag in Istanbul. Wir hatten uns einige Besichtigungen vorgenommen und gingen als erstes zum Topkapi Serail.

DSC_1871Dort mussten wir erst an der  Kasse und dann nochmal am Einlass mit vielen Menschen aus aller Herren Ländern Schlange stehen.

DSC_1912Es gab viel zu besichtigen und zu fotografieren und als wir gerade knapp durch waren, wurde schon geschlossen und es war zu spät für die beiden Moscheen, die wir eigentlich auch gerne gesehen hätten.

DSC_1889So gingen wir kurz ins Hotel und dann wieder hinaus in die abendliche Stadt. Gleich um die Ecke fanden wir einen Imbiss und dann gingen  wir über die Galata-Brücke nach Beyoglu, wo reges Abendleben im Gange war.

IstanbulNacht

Ein paarmal wurde unser Wagen rangiert und stand länger auf abgelegenen Gleisen herum. Unsere Hoffnung, dass unser wunderbarer Schlafwagen irgendwann doch noch aus dem Dunkel der Nacht auftauchen würde und wir in bequeme Betten umziehen könnten, erfüllte sich nicht. Dafür wurden wir kurz vor drei Uhr nachts zur Grenzkontrolle geweckt.  Wir hielten unsere Ausweise bereit und warteten. Nach einer Weile kam der Schaffner und rief nochmal "Police, Passport" und den Reisenden  begann zu dämmern, dass die Kontrolle außerhalb des Zuges stattfinden sollte. Der Schaffner war die Strecke bestimmt schon viele Male gefahren und schien ungläubig darüber zu staunen, dass die Reisenden die Prozeduren dieser Fahrt noch immer nicht kannten.

Wir packten also vorsichtshalber unsere Wertsachen ein, damit sie nicht in dem unbewacht herumstehenden Waggon verloren gingen und begaben uns zu einem nahen Flachbau. Je nach Nationaliät benötigten die Reisenden ein Visum, wozu sie zu einem anderen Flachbau mussten, um dort zu erfahren, dass es 15 Euro in bar kostete. Die borgte ich einem Niederländer, mit dem Pia sich im Zug lange unterhalten hatte. Nach welchen Kriterien die Visapflicht für einzelnen Nationalitäten bestand oder nicht, konnten wir nicht nachvollziehen. Als wir an der Reihe waren und einzeln statt Pässen unsere Personalausweise durch die Öffnung in den dicken Gitterstäben reichten, wurde das nicht beanstandet. Da sich aber Personalausweise nicht stempeln lassen, wie Pässe, bekamen wir den Einreisestempel auf unscheinbaren amtlichen Zettelchen, auf denen sonst nur noch unser jeweiliger Vorname stand. Dann durften wir zurück in den Zug, wo einige der anderen Reisenden noch den Inhalt ihres Gepäcks vorweisen mussten.

Jedem Staat auf der Welt, der dies für nötig hält, sei es gegönnt, seine Grenzen zu sichern und sich gegen unerwünschte Eindrinlinge oder Importe zu wappnen. Ein wenig Respekteinflößung oder anderweitige Darstellung staatlicher Souveränität mag auch zugestanden werden. Aber was wir da mitten in der Nacht irgendwo an einem abgelegenen Grenzort zwischen Bulgarien und Türkei erlebt haben, war - gelinde gesagt - seltsam, liebes Gastland Türkei.

Der kurze Zug ruckelte weiter und als es schon hell war, verkündete der Schaffner, dass in zehn Minuten Istanbul erreicht sei und verlangte rasch das Bettzeug, in das wir uns gehüllt hatten. Unsere Telefone zeigten mit Hilfe von GPS, dass wir noch etwas mehr als 40 km vom Stadtzentrum entfernt waren. Draußen war weitgehend leere Landschaft mit verstreuten Haufen von Plastikmüll.

Der Zug fuhr noch eine ganze Weile weiter. An einer Stelle wurde kurz gehalten, weil die Oberleitung seitlich herabhing und an den Waggons streifte. Die Diesellok zog uns dann langsam weiter bis zu einem winzigen Vorortbahnhof an einer großen Ausfallstraße und da war Schluss. Istanbul! Aussteigen! Ungläubig staunend leisteten wir schließlich Folge und marschierten hinter einem Schaffner her über eine Fußgängerbrücke auf die stark befahrene Schnellstraße zu und, kleine Lücken zwischen den Autos nutzend, hinüber zu einer unscheinbaren Busstation. Dort sollten wir dann nochmal je einen Euro für die Busfahrt löhnen und es nutzte nichts, dass wir auf unsere bereits bezahlte Zugfahrkarte verwiesen. Wir hatten keine Euro-Münzen und der Holländer konnte sich revanchieren, indem er mit Bulgarischen Lew für uns bezahlte. Der erste Bus war überfüllt, der zweite wurde mit uns gut voll und brachte uns schließlich in die Stadt und in Bahnhofsnähe. Von dort aus fanden wir auch schnell unser Hotel und wurden freundlich mit Frühstück bewirtet, bis unsere Zimmer hergerichtet waren.

DSC_1742Nachdem wir eingezogen waren, machten wir einen Rundgang, freuten uns an der Tulpenpracht im Park unter dem Sultanspalast, taten erste Blicke hinaus auf den Bosporus und schauten nach den Besichtigungszeiten der großen Moscheen, die sich in bequemer Laufweite unseres Hotels befinden.

DSC_1752Endlich sind wir im Frühling angekommen und freuen uns nicht nur über die Wärme, sondern auch auf die Begegnung mit orientalischer Kultur und Lebensart, die uns hier erwartet. In beginnender Abendkühle ertönte von allen Seiten der Ruf des Muezzin und wir suchten uns alsbald ein Lokal fürs Abendessen. Unsere erste türkische Mahlzeit hat uns recht gut geschmeckt, auch wenn wir die Rechnung am Ende nicht ganz verstanden haben. Sie war moderat genug, das einmal auf sich beruhen zu lassen.

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Wir lagen eingehüllt in alle unsere Kleider und je zwei Wolldecken und versuchten, zu schlafen. An den Fenstern gefror das vom Dach herabgeflossene Tauwasser. Einmal kam ein Mechaniker und wühlte in einem Schaltschrank, aber unsere Hoffnungen erfüllten sich nicht. Es wurde eher noch kälter und irgendein Ventilator, der sich nicht abschalten ließ, führte ständig einen leichten Stom Außenluft herein. Zur Abwechslung gab es die üblichen Grenzkontrollen, Zollkontrollen, Fahrkartenkontrollen.

Schließlich kamen wir in Sofia an. Der Bahnhof monumental gebaut und bescheiden ausgestattet und beschildert. Mit Mühe fanden wir die Gepäckaufbewahrung, wo eine extrem mürrische Frau Dienst tat. Ein Guide, den wir eigentlich gerne gemieden hätten, half uns mit der Auskunft, dass wir zwei Lew pro Gepäckstück zu zahlen hätten. Ein Wechselschalter bot die Möglichkeit, unser restliches Serbisches Geld  einzutauschen.   Es war klar, dass wir da keinen guten Kurs bekommen würden, aber hier war das Ergebnis so schlecht, dass Friederike nochmal zurückging, um sich zu beschweren.  Der Mensch hinter dem Schalter blieb natürlich stur. Sein Boss, der während der Transaktion mit Klebefilm Ziffern auf einer Kurstafel befestigt hatte, kam uns dann allerdings rufend durch den ganzen Bahnhof nachgelaufen und reichte noch zehn Lew nach. Das machte die Sache etwas besser.

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Wir vertrauten der Mürrischen unser Gepäck an und liefen stadteinwärts. Im Regierungsviertel verlor sich eine Demonstration einer nationalistischen Partei zwischen den monumentalen Bauten. In der übrigen Stadt gab es tiefe Löcher in Straßen und Gehsteigen. Wir liefen über einen Markt, wo von sorgfältig aufgebauten Stapeln Obst und Gemüse verkauft wurden. Am Straßenrand boten arme Leute kleine Mengen Gemüse an. Ebenso ordentlich arrangiert gab es in einem anderen Teil des Marktes Kleider, bunter Arrangements von Unterhöschen und Büstenhaltern, einige Stände boten Militaria an, auch ein UN-Blauhelm war dabei.

DSC_1713Gut aufwärmen konnten wir uns beim Besuch einiger Kirchen, die immer gut geheizt sind. Auch hier wanderten die Gläubigen von Ikone zu Ikone, einmal sahen wir einen Priester, der in Gegenwart eines Ehepaares laute Gebete an einer Ikone vortrug, so als seien sie von ihnen bestellt worden. Um die Wandbilder und Ikonen vor dem Ruß der zahlreich gespendeten Votivkerzen zu schützen, gibt es in vielen Kirchen Kerzenständer mit Rauchabzug, bisweilen auch Kästen im Freien vor der Kirche, wo die Kerzen aufgestellt werden sollen.

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Auch ein paar nette Cafes fanden wir und zum Schluss auch ein gutes Restaurant, wo wir ausgiebig zu abend aßen, um gewappnet zu sein für die letzte nächtliche Zugfahrt dieser Reise. Die sollte spannender werden, als uns lieb war.

Es begann damit, dass wir zwar rechtzeitig am Bahnhof waren, um unser Gepäck wieder bei der Mürrischen abzuholen und bequem den Zug zu erreichen, aber es stellte sich heraus, dass uns niemand sagen konnte, wo das Gleis 7 sei, das auf der Anzeigetafel als Abfahrtsort unseres Zuges genannt war. Niemand verstand auch nur unsere Frage, so dass wir, nun schon recht knapp, auf eigene Faust suchten und in der Tat paar wenige einsame Waggons fanden, die den Zug nach Instanbul darstellten. Von dem wunderbaren Schlafwagen allerdings, für den wir zwei luxuriöse Doppelkabinen gebucht und bezahlt hatten, war weit und breit keine Spur. Vielmehr handelte uns der Liegewagenschaffner nochmal je zehn Euro für Liegewagenplätze ab, teilte die üblichen Tücher, Kissen und Decken aus und los ging die langsame und ruckelige Fahrt in die Nacht.

Unser Abendlokal Iguana lag am Save-Kai, in einer ehemaligen Halle, und so gingen wir am Wasser entlang, dann durch einsame finstere Straßen mit baufälligen Häusern, dem Hotel zu. Es ist wirklich erstaunlich, wie einfach solche Wege mit GPS zu finden sind.
Am Morgen frühstückten wir ausgiebig, checkten aus, und brachten unsere Rucksäcke zum kleinen Gepäckraum des Hotels wo wir eine Weile warten mussten, weil sich drinnen noch eine Hotelangestellte umzog. Dann schauten wir uns kurz den Markt an der nahen Busstation an uns fuhren dann nach Zemun, einem sehr netten kleinen Vorort mit kleinen Häusern und  einem Turm oben am Berg, von wo die Aussicht noch viel besser gewesen wäre, wenn es nicht geschneit hätte. Am Donauufer lag Treibholz und die Gartenstühle der Lokale waren verwaist. Dafür fanden wir im Ort das Café Hollywood Stars, wo wir uns wieder aufwärmen konnten.

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Zurück in Belgrad besichtigten wir noch die Markuskirche, dann die große Burganlage, wo wir eine Weile umherwanderten, um uns schließlich ein Lokal zum Abendessen zu suchen. Dann ging es zum Bahnhof, wo wir mit Freude auch gleich den richtigen Waggon und unsere Liegeplätze fanden. In zwei Nachbarabteilen waren wieder Schotten, die gut getankt hatten und deshalb die Kälte nicht so spürten, denn der Wagen war nicht geheizt. Aber der Zug stand ja noch und der Liegewagenschaffner verteilte schon einmal Decken für die Nacht. In die hüllten  wir uns bald, denn es wurde frostig und das Wasser, das außen an den Fenstern entlangfloss, gefror zu Eis.

Die Nacht im Hotel Kasina war nicht ganz störungsfrei. Draußen tropfte es kontinuierlich aufs Fensterbrett und irgendwo rauschte ein großes Gebläse. Von Zeit zu Zeit klopften Spätheimkehrer kräftig an Türen, um von ihren bereits schlafenden Zimmergenossen eingelassen zu werden. Im Zimmer der Mädels ließ sich die Tür zum Balkon mit dem imposanten Stadtblick nicht recht schließen ließ, so dass es kalt hereinzog. Andererseits waren wir müde genug von der Zugfahrt  und deren physische Erinnerung rüttelte mich sanft durch die Nacht.

Morgens schneite es leicht und die Dächer waren mit einer dünnen Schneeschicht überzogen. Das Frühstücksbuffett im riesigen, leeren, kalt neonerleuchten Speisesaal war ohne Sensationen und der Kaffee gänzlich ungefährlich. Wir frühstückten und planten den Besichtigungstag.

Draußen erwarteten uns Schnee und glitschiger Matsch. Zuerst liefen wir zur Aleksandar-Nevski-Kirche, wo wir angenehm mit dem Rücken an einem Heizkörper saßen, die weiße Ikonostase vor uns, und den Gläubigen zusahen, die vor einzelnen Pulten innehielten und die dort liegenden Ikonen betrachteten, dann küssten, um zu einer anderen Ikone weiterzugehen, dann zu einem Kruzifix, auch dieses verehrten und küssten und schließlich, sich bekreuzigend, den Raum wieder verließen. Es gab Pulte mit fest eingebauten Ikonen, die an jeder Seite einen Münzschlitz hatten und andere, wo die Bilder lose auflagen und kein Münzeinwurf vorgesehen war. Nach einer Weile kam ein schwarz gekleideter junger Mann, der offenbar für die Kirche zuständig war. Er entfernte eine Blume, die bei einer Ikone abgelegt war und nahm Münzen, die jemand unter eines der lose liegenden Bildnisse geschoben hatte, und brachte sie zu einer Ikone mit Münzschlitz. So ist es wohl überall: die Gläubigen widmen Gebete und Gaben voller Bedacht, aus der Sicht der Diener des Tempels ist alles der gleiche Topf.

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Friederike versuchte, das Tarifsystem der öffentlichen Verkehrsmittel zu erkunden und da es sich dem Fremden nicht so leicht erschließt, fuhren wir zu viert zum Preis von einem mit der Ring-Trambahn Nr. 2 zur Sava-Kirche. Eigentlich handelt es sich um eine Kirchenbaustelle, an der seit den 1930er Jahren gearbeitet wird. Der Bau, großenteils aus Beton, steht, von der Innendekoration existieren bislang nur Andeutungen. Kurz statteten wir noch der Nationalbibliothek nebenan einen Besuch ab, dann fuhren wir, diesmal richtig bezahlend, zur Sankt-Michaels-Kirche. Die war prunkvoll, aber eng, und überall standen Betende vor Ikonen, so dass wir leider nicht umhergehen konnten.

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Zwei nette Cafés lernten wir im Laufe des Tages kennen, das Velvet nahe der Sava-Kirche und die sehr charmante Muha-Bar in der Kralja Pietra. Nach einem Provianteinkauf für die Weiterreise und einer Hotelpause machten wir uns auf die Suche nach dem Iguana, einem Speiselokal mit Live-Jazzmusik, das uns eine Frau aus dem  Tourist-Office als ihren persönlichen Geheimtipp verraten hatte.
Da aßen wir ambitionierte internationale Küche und hörten dazu eine Combo, die Jazz Standards intonierte. Etwas störend, dass hier in allen Lokalen geraucht wird, was wir nicht mehr gewöhnt sind, aber alles in allem ein angenehmer Tagesausklang.

Budapest wäre, wie gesagt, einmal einen längeren Aufenthalt wert, aber für dieses Mal war schon wieder Abreisetag. Wir verstauten unsere Rucksäcke im Gepäckraum und gingen frühstücken und Proviant kaufen, dann mit allem Gepäck zum Bahnhof. Die Wartezeit vertrieben wir uns mit Gucken und Fotografieren. Als der Zug aus Prag ankam, der uns nach Belgrad bringen sollte, bezogen wir voll Begeisterung ein gut geheiztes Sechserabteil und freuten uns, es ganz für uns zu haben.  Bis wir merkten, dass wir nicht nur in unserem Abteil, sondern im ganzen Waggon alleine waren.  Als ich dann auch noch eine Rangierlok kommen sah, war es an der Zeit, den gemütlichen Platz wieder zu verlassen und am zugigen Bahnsteig auf den Waggonwechsel zu warten. Mit uns harrten zahlreiche Schotten in Kilts und mit denen teilten wir dann auch den Großraumwagen, der uns durch die zunehmend verschneite Landschaft nach Belgrad bringen sollte. Die Schotten hatten einiges zu Trinken dabei und das versprach eine abwechslungsreiche Fahrt.

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Wir kamen auch gleich ins Gespräch und erfuhren, dass alle zu einem Fußballspiel der schottischen Mannschaft in Novi Sad unterwegs waren. Eine Französin war auch in der Runde, die in Wien arbeitet und eine Balkantour macht. Sie hieß Aurore und wusste schon, dass sich das in einem mit französischem Akzent ausgespochenen deutschen oder englischen Satz merkwürdig anhört.

An der Grenze gab es drei Passkontrollen, wobei sich die letzte, offenbar von der Regionalpolizei, nur um die Fußball-fans kümmerte. Auch streng blickende Uniformierte und ein Spürhund kamen vorbei, vor den Einstiegstüren standen Wachen, deren Mützen sich langsam mit Schnee bedeckten. Die Schotten waren von ihren Getränken so unbefangen, dass sie allerlei Späße machten, auf die sich die Grenzer bereitwillig einließen. So kam Pia zu netten Fotos von Schotten mit serbischen Dienstmützen und mit spontanen Verbrüderungsszenen.
Pia packte Spielkarten aus und man spielte unter großem Gelächter das offenbar international beliebte "cheating". Eine Zugreise also, wie in alten Zeiten - lustig, international, radebrechend, während der Zug nicht sehr schnell durch die Gegend rüttelte und sich draußen die Dämmerung über die Winterlandschaft legte.

Ein Schotte kam mit einer Tüte voll Badges vorbei und alsbald bekannten alle "I've met the Tartan Army". In Novi Sad stiegen viele der Schotten aus und auch Aurore hatte ihr Tagesziel erreicht.  Die Männer, mit denen wir uns unterhalten hatten, wollten noch in Belgrad feiern und blieben im Zug.

Sie waren nicht die einzigen, sondern überall in der Stadt begegneten uns Männer in Schottenröcken, auf dem Weg zum Hotel und auch später, als wir zum Essen in die Skadarska gingen, eine Straße, die uns der Hotelportier empfohlen hatte und wo sich in der Tat ein Lokal ans andere reiht, während die übrige Stadt um zehn Uhr abends schon ziemlich ausge-storben wirkte. Wir bekamen sehr gut, gehaltvoll und günstig zu essen.  Nur die handgemachte Volksmusik dröhnte ganz unverstärkt so zwerchfellerschütternd durch das Gewölbe, dass wir uns etwas gestresst fühlten. Direkt an unseren Tisch kamen die Musikanten glücklicherweise nicht.

Trotz der vielen Nachtschwärmer in der Gegend hatten wir passable Ruhe. Unter den dünnen Bettdecken war es allerdings nicht besonders warm, obwohl wir schon unsere Seidenschlafsäcke zu Hilfe genommen hatten. Die ungeregelte Heizung hatten wir nachts doch nicht an lassen wollen.

Frühstück mit Kaffee und Hörnchen gab es ganz ordentlich in einem modernen Self-Café. Dann liefen wir am Fluss entlang zur Kettenbrücke, hinüber an die andere Seite der Donau und hinauf zur Burg. Natürlich sind wir nicht die einzigen Touristen und leider gibt es überall sehr zudringliche Werber für Stadtführungen. Von oben weite Ausblicke über die Stadt. Die Temperaturen frostig, an einigen Wasserausläufen in der Mauer hingen Eiszapfen und es wehte eisiger Wind. Wir bedauerten die Wachsoldaten am Präsidentenpalast und wärmten uns in einem charmanten Café nebenan auf.

DSC_1617Dann wanderten wir weiter zur Matthias-Kirche mit erstaunlicher Innendekoration, aber leider wegen Renovierung nur teilweise zugänglich. Außerhalb, auf der Flussseite, die Galerien und Türmchen der frisch renovierten Fischerbastion, von der aus sich schöne Blicke auf die Stadt boten. Auf dem Platz ließen sich Touristen mit Greifvögeln auf der Lederhand fotografieren.DSC_1587

Dann im weiten Bogen hinunter zur Margareteninsel, auf der Brücke hinüber, die bei jeder Trambahn vibrierte, als gäbe es ein Erdbeben. Am anderen Flussufer hatten wir die Straßenbahn nehmen wollen, aber alle Fahrkartenautomaten waren defekt, aus dem Fahrer war kein verständliches Wort herauszubringen und so fuhr die Tram schließlich ohne uns los und wir liefen zu Fuß. Das gab uns Gelegenheit, noch einen Blick in die imposante Stefans-Basilika zu tun, wo allerdings ein Abendgottesdienst im Gang war, so dass wir nur kurz von hinten schauen, aber nicht umhergehen konnten.

An Marktständen gab es Langos und Baumstriezel und dann entschlossen wir uns, für eine Weile ins Hotel zu gehen. Da war es so gemütlich, dass wir fast nicht mehr fortgekommen wären. Wir verhandelten lange über die Reste unseres ungarischen Geldes und was wir uns dafür wohl leisten könnten, wenn anderntags noch ein Frühstück und etwas Reiseproviant drin sein sollten und wurden über das Rechnen mit großen Summen von Forint so träge, dass wir beinahe hungrig ins Bett gegangen wären, statt uns nochmal hinaus zu begeben. Schließlich überwog aber doch der Appetit. Wir gingen einen Geldautomaten suchen, besserten unsere Barschaft auf und besuchten die Pizzeria gleich an der Ecke beim Hotel. Man isst in dieser Stadt wirklich gut und günstig. DSC_1645DSC_1647

Auffallend ist allerdings, dass es in dieser Stadt auch recht viel Armut zu geben scheint. Oft sahen wir ärmlich gekleidete Menschen, Leute, die sich in Eingängen ungenutzter Läden häuslich eingerichtet hatten, Männer, die in Hausmülltonnen nach Getränkedosen und anderen Wertstoffen wühlten und einmal wollte Pia ein öffentliches Toilettenhäuschen aufsuchen, entdeckte dann aber eine darin wohnende Frau. Auch im Stadtbild zeigt sich häufig Geldmangel. Einige Gebäude sind sehr gut renoviert und in Stand, aber viele Häuser sind heruntergekommen, schäbig und manche auch in baufälligem Zustand. Aber wir finden alles in allem, dass Budapest durchaus einmal eine längere Reise wert wäre. Zu einer wärmeren Jahreszeit allerdings.Track_130324

Coole acht Stunden Zugfahrt sind kein schlechter Ferienstart. Der komfortable Österreichische RailJet war zwar etwas voll und in den Gängen standen Menschen und Koffer, aber wir hatten unsere reservierten Plätze und in Deutschland und Österreich auch recht anständigen Internetzugang und so konnten wir mit letzten Mails und Schreibereien langsam aus dem Alltag in den Urlaub hinübergleiten.

Bei der Fahrt durch Ungarn sahen wir Reste von beachtlichen Schneewehen an den Böschungen entlang der Bahnlinie und es schaute draußen überhaupt noch recht kalt aus. So waren wir dann auch froh über unsere Winterkleider, als wir in Budapest ausstiegen und zu unserem vorgebuchten Hotel liefen. An einem Geldautomaten versorgten wir uns mit Landeswährung und mussten kräftig rechnen, bis wir die benötigte Summe ermittelt hatten. Als Bewohner von Euroland ist man dergleichen Zahlenakrobatik gar nicht mehr gewohnt.

Seltsam auch, seit langem erstmals wieder in einem Land zu sein, von dessen Sprache wir kein einziges Wort verstehen. Das machte sich gleich im Hotel bemerkbar, wo die nette, aber etwas unbeholfene junge Frau am Empfang in holprigem Englisch endlose Formalitäten vollzog,  die durch sprachliche Schwierigkeiten noch umständlicher wurden, als sie ohnehin schon waren. Am Ende aber hatten wir dann doch unser ordentliches Viererzimmer, zogen ein und breiteten uns aus.

Am Abend spazierten wir in Richtung Donau, studierten unterwegs die Speisekarten vor den Restaurants, warfen einen Blick auf die spektakulär erleuchteten Bauten am gegenüberliegenden Flußufer und blieben gleich da, denn das Menü im Restaurant Dunacorso sagte uns zu. Bei den Klängen eines ambitionierten Gitarrenspielers aßen wir vorzügliche Gerichte einheimischer Provenienz. Donauwaller und Paprikahuhn, gebackenen Käse und Krautwickel, Speck, Kotelett und eine kräftige Wurst auf Sauerkraut. Am Ende schwelgten die Damen noch in drei verschiedenen Desserts, die sie unter Jauchzen und Augenrollen herumreichten, bis alles verzehrt war. Das Ganze zu umgerechnet siebzig Euro für vier Personen war ein prima gelungenes Entree in die kulinarischen Entdeckungen dieses Urlaubs.

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