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So zeitig sind wir die ganze Reise über nicht aufgestanden. Schon um Sieben, zu Beginn der Frühstückszeit, hatten wir größtenteils gepackt und bedienten uns an dem gut sortierten Buffet. Dann ließen wir uns den Fahrradraum aufsperren, schoben die Räder direkt vor die Zimmertür, packten auf und verließen das Hotel.

Das Navi führte uns netter Weise exakt auf der ausgeschilderten offiziellen Uni-Innenstadt-Route zum Bahnhof. Mit Aufzügen kamen wir zum Bahnsteig. Fahrkarten und Fahrrad-Reservierung hatten wir schon in Villach besorgt. Der Zug stand bereits da und wir fanden auch noch freie Sitzplätze im gleichen Wagen, in dem auch unsere Räder untergebracht waren, so dass wir sie im Auge behalten konnten.

Die Bahnfahrt ließ uns den ersten österreichischen Teil der Reise im Zeitraffer nochmal rückwärts erleben. Wir schauten hinaus, hörten dabei gemeinsam mit unseren Kopfhörern Musik und genossen die Reise in dem anfangs recht leeren Wagen, der sich von Halt zu Halt mit Menschen und Fahrrädern füllte. Am frühen Nachmittag waren wir am münchener Hauptbahnhof, und weil es nur ganz leicht regnete, radelten wir selbst heim, statt die S-Bahn zu nehmen. Die Strecke kam uns kurz vor, der sonst so steile Nockherberg, den wir hinauffuhren, fühlte sich nach all den Bergfahrten an, wie ein kleiner Buckel und bald standen die Räder auch schon vor der Garage und warteten auf Einlass. Der wurde ihnen allerdings erst nach einer Dusche mit dem Gartenschlauch gewährt, denn durch die Regentage dieser Reise hatte sich doch einiger Dreck angesetzt.

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Als wir aufwachten, sahen wir grauen Himmel und Regen. Das Frühstück in der Jugendherberge war in Ordnung, wenn auch nicht besonders vielfältig. Das angenehme an solchen Häusern ist der schnörkellose Pragmatismus. Es gibt, was man braucht, einfach, aber robust.

Wir starteten in voller Regenausrüstung, machten noch einen Besuch am Hauptplatz, mussten dann feststellen, dass die Zugänge von der Stadt zum Fluss meistens mit Treppen ausgestattet sind, und brauchten eine kleine Irrfahrt, bis wir auf dem Drau-Radweg waren. Der war zunächst geteert, später aus zementgebundenem Sand, mit kleinen, größeren und unumfahrbar großen Pfützen.

In Rosegg machten wir Halt und wärmten uns im Café Mitsche auf. Das war erstens eine angenehme Pause von dem beständig niedergehenden kräftigen Regen und zweitens auch ganz unterhaltsam, wegen der originellen Gäste und ihrer Dialoge.

Was den Drau-Radweg betraf, gaben wir an dieser Stelle auf und versuchten, auf kürzestem und schnellstem Weg nach Klagenfurt und in unser dortiges Hotel zu kommen. So fuhren wir auf der teilweise mit einem Radweg ausgestatteten Straße zum Wörthersee und dann auf der Südlichen Seestraße entlang.

In Klagenfurt fanden wir dann schnell das All-You-Need-Hotel, wo wir gebucht hatten. Es liegt im Uni-Viertel, ist top-modern, man wird mit routinierter Freundlichkeit empfangen und zu unserer besonderen Freude konnten wir über eine Rampe direkt zu dem Flur gelangen, an dem unser Zimmer liegt, konnten direkt vor der Zimmertür abladen und dann unsere Räder wenige Meter weiter in einem Abstellraum unterbringen. Wir stellten unsere Taschen zum Abtropfen auf den Balkon unseres Zimmers und richteten uns ein.
Ich genoss nach der kalten Dusche, unter der wir geradelt waren, nun ausgiebig die heiße Dusche im Bad, Friederike ging einkaufen und wir aßen Obst und Joghurt. Ein Linienbus brachte uns in die Innenstadt, die wir unter Schirmen besichtigten. Es gibt viele schmucke Häuser und nette Plätze, die ohne Regen oder gar bei Sonnenschein bestimmt noch sehr viel netter wären.

Das Lokal "Zum Augustin", das man uns im Hotel empfohlen hatte, wäre wohl laut aber nett gewesen, aber da bekamen wir keinen Platz. Also landeten wir bei bayerischem Bier im "Hofbräu zum Lindwurm" am Neuen Platz, wo auch dem Drachen ein Denkmal gesetzt ist, der nach der Sage einst die Sümpfe um Klagenfurt unsicher gemacht hat.

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Es gab anständiges Standard-Wirtshausessen und uns wurde dabei keineswegs so, wie dieser Brunnenfigur am Denkmal des Stadtgründers Bernhard von Spanheim.

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Aber wir saßen in einem zugegen Eck des Hofbräu und so gingen wir zum Abschluss doch nochmal zum Augustin und probierten die dortigen Biere, bis uns der Bus wieder zu unserer Unterkunft brachte, wo das letzte Hotelbett dieser Reise schon wartete.

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Die Heimreise beginnt. Der Tag fing mit schwergrauem Himmel im Tal und leichtem Nieselregen an. Beim Frühstück eine nette Unterhaltung mit einem in Dänemark lebenden Kroaten und seiner dänischen Frau. Er kannte sich in der Region gut aus und erzählte von Bergwanderungen, Freundschaftstreffen ehemaliger Bergkameraden und seiner Tätigkeit als Tourleiter in Grönland.

Als wir abfuhren, hatten sich erste Sonnenstrahlen gezeigt und in der Tat blieb es den ganzen Tag trocken. Die sieben Kilometer lange Fahrt nach Bohinj Bistrica lief auf der Hauptstraße flott, ohne Belästigungen und war in kürzester Zeit erledigt. Wir kauften in einem Supermarkt ein, genehmigten uns am Bahnhof einen Kaffee und brachten dann auf der bereits vom Vortag bekannten Wartebank die lange Zeit bis zur Abfahrt des Zuges zu.

Spannend war die Frage, ob uns der Zug auch wirklich mitsamt unseren Fahrrädern mitnehmen würde. Eine feste Zusicherung gab es nicht. Es kam ein Zug in Gegenrichtung, auf den einige Rucksackreisende gewartet hatten und mir schien, der Schaffner machte abweisende Gesten zum Stationsvorsteher hin, bis er verstand, dass wir nicht bei ihm mitfahren wollten. Es blieb spannend.

Als unser Zug, ebenso graffitiverziert, wie der vorherige, ankam, mussten wir schnell zur letzten Tür eilen, den größeren Teil unseres Gepäcks abladen, in aller Eile an Bord bringen, mit Hilfe des unwilligen Schaffners die Räder in den Wagon hieven und selbst einsteigen. Dann fuhr der Zug los, durch die bekannte schöne Berglandschaft Jesenice entgegen.

Dort hatten wir recht lange Aufenthalt, aber wenig Ambitionen zur Stadterkundung und so ließen wir uns in einem kleinen Park etwas abseits der Bahnhofstraße nieder und machten ausgiebig Brotzeit. In einem nahen Lokal gab es dann Kaffee und am Nebentisch einheimische Geschäftsleute mit zwei überlauten amerikanischen Kollegen, die zur Appetitanregung schon vor dem Essen Slivovitz tranken.

Frühzeitig gingen wir zum Bahnsteig, diesmal nicht brav treppab, treppauf, wie bei der Ankunft, sondern frech über den verbotenen Gleisübergang. Es gab Grund, zu zweifeln, ob wir problemlos mit dem Zug würden fahren können. Im Aushangfahrplan stand er als Eurocity ohne Fahrradbeförderung, aber die Fahrkartenverkäuferin beharrte auch auf Nachfrage. Als der Zug dann ankam, war er recht kurz und wir sahen keinen Gepäckwagen. Also bugsierten wir Räder und Gepäck an der letzten Tür auf die Plattform und ärgerten den slowenischen und den österreichischen Schaffner, die zur Übergabe an irgendwelche Schaltkästen mussten. Angeblich hätte es in der Zugmitte ein Fahrradabteil gegeben, das wir aber nicht gesehen hatten, und außerdem gäbe es eine Reservierungspflicht, von der man uns am Schalter auch nichts gesagt hatte. Am Ende ging es doch.

In Villach beschäftigten wir uns zuallererst damit, die Heimfahrt von Klagenfurt nach München zu sichern und fuhren dann zum "Jugend- und Familiengästehaus Villach", wo wir gebucht hatten. Das erwies sich als Jugendherberge neueren Stils, wo wir zu zweit ein Zimmer bekamen, das alles in allem auch fünf Leuten Platz geboten hätte. Mit Bad und allem, nur dass wir die Betten selbst beziehen mussten.

Nach etwas Suchen fanden wir im Hofwirt ein sehr originelles bodenständiges Lokal, wo wir mit Freude einer Gruppe Kartenspieler zuschauen konnten. Das Essen war nicht überragend, das Bier schmeckte uns auch hier. Dann fuhren wir zurück zur Unterkunft mit den heute mal etwas anderen Betten.

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Wie steigert man "Bergidylle"?

Bled hat uns schon bei der Anfahrt so gut gefallen, dass wir noch etwas in der Gegend bleiben wollten. Unser Pensionswirt machte den Vorschlag, noch etwas weiter nach Bohinj, an den Wocheiner See (Bohinjsko jezero) zu fahren. Es gäbe dann von dort einen Zug nach Jesenice. Wir sahen uns das auf der Landkarte an und beschlossen, diesem Tipp zu folgen.

Nach einer angenehmen Nacht an diesem vollkommen ruhigen Ort und einem guten Frühstück radelten wir los. Die Straße am Bled See entlang war nicht wenig befahren, aber meist breit genug, dass wir auch bei Gegenverkehr nicht zu knapp überholt wurden. Einige Teilstücke gaben uns Gelegenheit zu der Feststellung, dass wir im Moment doch etwas bergmüde sind und vor weiteren großen Anstiegen einen Ruhetag gut gebrauchen könnten. Aber größere Kletterpartien stehen jetzt nicht mehr an.

Teilweise ging es aber auch wieder schön abwärts und vor allem ist das Tal der Sava Bohinjka (Wocheiner Save) so wunderschön, dass wir immer wieder stehen blieben, um zu fotografieren und zu schwelgen.

In Bohinjska Bistrica fuhren wir zum Bahnhof, um die Fahrtmöglichkeiten für den nächsten Tag nochmal genau zu erkunden und sahen dann auch den Zug kommen, mit dem wir wohl abfahren würden. Auch einige Radreisende mit Gepäck stiegen aus und hoben ihre Räder von dem hohen Wagon auf den Bahnsteig, so dass wir eine Vorstellung von der umgekehrten Übung bekamen, die uns bevorstand.

Wir nutzten den Schatten und eine Bank am Bahnhof für eine ausgedehnte Brotzeitpause und fuhren dann weiter. Für das letzte Stück fanden wir noch einen guten Radweg, allerdings mit einer kurzen, aber grenzwertig starken Steigung und gelangten so nach Stara Fužina,  gleich oberhalb des Wocheiner Sees, wo wir ein Zimmer gebucht hatten. Zunächst suchten wir eine Weile am falschen Haus, dann, ebenfalls vergeblich, am richtigen, denn es war noch viel zu früh. Gerne hätten wir unser Gepäck schon abgeladen, um unbeschwert den See erkunden zu können, aber so musste es halt mit Gepäck gehen.

In der  Nähe des Sees tranken wir Kaffee, dann fuhren wir entlang bis zum Ende, hätten den See auch gerne umrundet, aber da gab es keinen Weg. Also fuhren wir zurück bis wir auf einem einsamen Steg ein nettes Plätzchen fanden, um uns niederzulassen, über das Wasser zu schauen und die zahlreichen Forellen mit Resten unseres Vollkornzwiebacks aus Italien zu füttern, nach dem sie flink und geschickt schnappten.

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Ein älterer Mann kam an den Steg und ruderte mit einem Kanu zu einem kleinen Segelboot, das unweit des Ufers lag, machte es flott und segelte los. Ein leichter Wind war aufgekommen und hinter den ferneren Gipfeln zogen sich dunkle Wolken zusammen. Der Wetterbericht hatte abendliche Gewitter verkündet.

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Am späten Nachmittag machten wir uns auf zu unserer Pension und trafen dort auch eine freundliche Frau an, die uns empfing. Das Haus ist alt und einfach, aber recht nett. Während wir uns ausruhten, frisch machten und den Internetzugang nutzten, regnete es draußen kräftig, über den Bergen sahen wir Blitze, nahmen fernes Donnergrollen wahr.

Später hörte der Regen wieder auf und wir gingen in ein nahes Lokal essen, das die Zimmerwirtin empfohlen hatte. Ihre Gäste bekämen 10% Rabatt. Außer uns gab es in dem recht großen Gasthaus nur zwei weitere Essensgäste. Die Bedienung war sehr freundlich, das Essen reichlich, aber nur das. Das Bier vom Fass schmeckte uns. Als wir wieder in unserem Zimmer waren, begann es erneut zu regnen. Wir gingen zu Bett.

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Schon während sich noch die Morgennebel aus dem Tal verzogen, konnte man darüber den strahlend blauen Himmel erkennen. Am Vorabend hatte Friederike noch eine Route entdeckt, die auf einer alten Bahntrasse nach Kranjska Gora führen sollte, und das war als Ausgleich für die anstrengende Passüberquerung vom Vortag genau das Richtige, denn Bahntrassen sind selten steil.

Wir starteten ohne Eile, kauften im Ort noch ein und fuhren dann hoch zum ehemaligen Stadtbahnhof von Tarvisio, wo die Route begann. Am Ortsende entstand eine kleine Verwirrung, weil ein Stück Straße kam und die Einfahrt zum Radweg anschließend sehr unauffällig war. Aber das war schnell geklärt. Zunächst stieg der sehr schön ausgebaute Weg sanft an, aber bald ging es lange Zeit nur noch ebenso sanft abwärts durch das wunderschöne Tal, mit herrlichen Ausblicken auf saftiggrüne Wiesen, bewaldete  Berge und schroffe Felswände im Hintergrund. Bei einem ehemaligen Bahnhof gab es einen Rastplatz mit Wasserstelle, der uns zur Rast einlud. In Kranjska Gora tranken wir Kaffee. Nebenan saß eine Horde älterer österreichischer Radfahrer beim Bier und ließ uns an ihrer lautstarken und nicht sehr niveauvollen Unterhaltung teilhaben.

Hier sollte der ausgebaute Weg nach der im Internet gefundenen Beschreibung eigentlich enden, aber es gab eine ausgeschilderte Fortsetzung, die fast bis Jesenice reichte. Dieser Abschnitt war ganz neu und an einigen Stellen wurde auch noch gebaut, aber wir konnten überall passieren, wenn auch einmal im tiefen Kies zwischen Baumaschinen hindurch.

Dann fuhren wir ein längeres Stück auf einer Ortsstraße, die auch gerade in Erneuerung war und wo allenthalben Kanaldeckel und ähnliche Installationen gerade so hoch herausragten, wie die noch fehlende Deckschicht der Straße einst sein würde. Die örtlichen Autofahrer fuhren schon routiniert Slalom, wir taten es ihnen gleich.

Dann begann die Straße in einigen Kehren stark anzusteigen, ein Schild zeigte 14%. Das war anstrengend, aber zum Glück nur kurz, bis es in langer Bergabfahrt auf Bled zu ging. Das war dann wieder sehr schön, aber uns wurde auch klar, dass wir einen besonderen Plan brauchen würden, um das Tal und den See anderntags wieder zu verlassen.

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Die "Pension Bled" erwies sich als gute Wahl. Wir wurden überaus freundlich empfangen und beraten und bekamen ein komfortables Zimmer. Nachdem wir uns wie üblich eingerichtet und erfrischt hatten, fuhren wir in Richtung See, genossen den wunderbaren Blick und machten uns dann auf Essenssuche.

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Im "Pri Planicu" fanden wir eine gute und reichliche Mahlzeit mit charakteristischen örtlichen Gerichten und ausgesucht freundlicher und sprachkundiger Bedienung.

Wir sprachen noch etwas dem slowenischen Bier zu und radelten dann navigeführt auf kurzem Weg ins Hotel. Das bunt bezogene Bett wartete schon.

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Der Tag versprach anstrengend zu werden. Zwar hatten wir am Vorabend zwei Routen ausgeschlossen, die uns zu ehrgeizig erschienen waren, aber wir konnten das Tal der Soča nur flussabwärts verlassen, wie wir gekommen waren, oder eben über irgendeinen der Pässe. Unsere Wahl war auf den Predel gefallen, mit Tarvisio als Tagesziel.

Um Sieben begann kräftiges Sonntagsgeläut von der nahen Kirche. Wir dösten noch eine Weile vor uns hin, aber dann standen wir auf, packten, beluden unsere Räder und verließen das Haus ohne Frühstück. Es gab einfach keines. In einer Bar am Platz hatten wir auch kein Glück, denn die Hörnchen waren aus. Also tranken wir den Milchkaffee so. Im Supermarkt nebenan gab es dann auch keine frischen Backwaren, nur abgepackte Industrie-Brioches. Die aßen wir im Stehen auf dem Vorplatz.

Immerhin war es sonnig und trocken. Wir starteten auf der Straße an der Soča flussaufwärts. Kobarid liegt auf 254 m über Meereshöhe. In Bovec, auf 434 m, gönnten wir uns den nächsten Kaffee. Auf dem Weg nach Log Pod Mangartom machten wir irgendwo im Wald Brotzeit, mit Trauben und Joghurt aus dem Supermarkt.

Es gab an diesem Sonntag zwar keinen LKW-Verkehr, aber zahlreiche Ausflügler, Transporter, die Boote für die Rafter transportierten,  und vor allem Motorräder, Motorräder, Motorräder. Einzeln, in kleinen Gruppen und in ganzen Geschwadern. Den Bikern, die in den Bergrouten dieser Gegend ein Dorado gefunden zu haben scheinen, sei ihr Vergnügen gegönnt. Was sie, außer ihrer großen Zahl, zur Plage macht, sind der verstörende Lärm ihrer Auspuffanlagen und ihre aggressive, teils halsbrecherische Fahrweise. Sie begleiteten uns den ganzen Tag.

Weniger störend waren die Autos, auch wenn manche deutlich zu knapp an uns vorbeifuhren. Nur einmal drängte sich ein mit Booten beladener Pickup so knapp an uns vorbei, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug scharf bremste und der Hintermann klirrend auffuhr. Der Verursacher machte sich nach kurzem Anhalten aus dem Staub. Von uns wollte niemand etwas, also fuhren auch wir weiter.

Wenige Kilometer vor der Passhöhe machten wir nochmal Rast bei einer Kapelle und genossen die Aussicht.

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Zwei sehr nette Radler aus Rosenheim kamen abwärts gefahren, hielten bei uns und wir plauderten eine Weile. Dann nahmen wir das letzte Stück des Anstiegs zum Pass Predel (1156m).

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Bei dem Restaurant dort an der Grenze zu Italien machten wir nochmal Kaffeepause und genossen die Aussicht und waren stolz auf unsere Leistung, denn immerhin waren wir rein netto gut 900 Meter aufgestiegen, Brutto noch viel mehr, denn dazwischen lagen immer auch wieder kräftige Abfahrten.

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Dann ging es auf kurvenreicher Strecke flott bergab zum Lago del Predil

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Und weiter abwärts nach Tarvisio (715m), zu dem gleichen Hotel, wo wir schon vor einer endlos lang erscheinenden Woche abgestiegen waren. Da aßen wir auch wieder zu Abend, planten und schrieben noch eine Weile und gingen dann in das bereits bekannte Zimmer mit dem bereits bekannten Bett.

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Das Frühstück gab es heute auf dem Zimmer und es war sehr einfach. Zwei abgepackte Brioches, zwei Portionspäckchen Milchkaffeepulver, zwei Teebeutel, Zucker, Tassen, stylisch-schwarze Papierservietten, Plastikrührlöffel, ein Wasserkocher. Da war schnell gefrühstückt. Wir holten unsere Räder aus der großen Abstellkammer mit Talblick und verließen den noblen Ort, der schon am Vorabend für eine Hochzeit dekoriert worden war und wo jetzt langsam Musiker und andere Mitwirkende auftauchten. Als wir gerade die steile breite Einfahrt herunter fuhren, kamen uns auch der Manager und der Ober entgegen, die gerade zur Arbeit erschienen.

Wir wandten uns der Ortschaft zu und nahmen dann die große Brücke an die andere Seite Soča. Der Beiname "Smaragdfluss" ist keine Erfindung aus der Tourismuswerbung, sondern der Fluss leuchtet wirklich intensiv blaugrün. Auf der Brücke gab es eine kleine Menschenansammlung. Bei näherem Zusehen war da ein Absprungpunkt für Bungee Jumping. Die Leute stürzten sich am Gummiseil von der Brücke und wenn sie kopfunter ausgeschwungen hatten, kam ein gelbes Schlauchboot, in das sie vollends abgelassen wurden, um ans Ufer gebracht zu werden.

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Nach einer Spitzkehre hatten wir unseren Weg erreicht. Er führte immer in der Nähe einer Bahnstrecke an der Talflanke entlang flussaufwärts und wurde gerade hergerichtet. So mussten wir auch einige kleine Baustellen passieren, einmal gab es eine Treppe mit Fahrradrampe, an der gerade gearbeitet wurde und den Abschluss bildete eine Unterführung, in der wir uns zwischen Arbeitern hindurchschlängelten, die gerade die Fahrbahn teerten.

So kamen wir in den Ort Kanal, wo wir Obst, Wasser und Joghurt kauften, die wir dann auf einer Bank im Ort verzehrten.

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Dann ging es auf einer Teerstraße weiter bis vor Tolmin, wo wir wieder auf einen Feldweg abbogen. An einem Campingplatz tranken wir Kaffee und nach einem weiteren Stück Feldweg gelangten wir auf eine Teerstraße, die uns in Auf und Ab und Kehren zu unserem Tagesziel, Kobarid, führte.

In einem Hotel, das sich hauptsächlich an Rafter wendet, die auf der Soča fahren wollen, wurden wir auf deutsch empfangen und bekamen ein modern eingerichtetes Appartement mit Küchenzeile und Sitzgruppe aus supermodischen Stühlen. Der Waschtisch im Bad schien aus Beton gegossen und war, wie die Wände, mit dunklem Glitzerlack bemalt. Wir packten wie üblich aus, duschten, nutzen den Interntzugang, ich wusch Hemd und Unterhemd, dann setzten wir uns auf eine der schweren Holzbänke auf der Terrasse, breiteten Landkarten aus, befragten das Navi und stellten fest, dass die beiden Passrouten, über die wir nachgedacht hatten, doch etwas zu ehrgeizig wären. Die eine, über Trenta und den Pass Vršič nach Kranjska Gora hätte im Anstieg 1000 Höhenmeter auf elf Kilometer bedeutet, was wir uns nicht zumuten wollten. Die zweite Route, etwas weiter westlich, hätte auch nicht weniger Steigung bedeutet und so beschlossen wir, die dritte Variante zu nehmen und nach Tarvisio zu fahren, wo sich ein Kreis auf dieser Reise schließen würde.

Unser Hauswirt hatte uns empfohlen, an einem nahen Campingplatz essen zu gehen. Erst fuhren wir etwas in die Irre, aber dann fanden wir "Camping Lazar" und bekamen preiswert ein kräftiges Essen, Friederike mit Fisch, ich mit verschiedenen gegrillten Fleischstücken. Den Abschluss bildete ein letztes Bier auf dem Hauptplatz von Kobarid. Dann gingen wir in unsere für die hochmoderne sonstige Einrichtung des Appartements erstaunlich biederen einzelnen Betten.

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Weiterreise. Morgens weckte mich das Geklapper der Händler, die auf der Straße vor dem Hotel in langer Reihe ihre Markstände aufbauten. Warme Kleidung schien angesagt zu sein. Man sah lange Hosen, gefütterte Jacken, kaum mehr Badesachen.

Wir packten unsere Sachen. Die Wäsche war inzwischen getrocknet, auch meine Jeans. Dann frühstückten wir wieder in der Bar gegenüber, schleppten unsere Fahrradtaschen nach unten, packten auf, bezahlten und verabschiedeten uns von der freundlichen Signora. Das nun wieder funktionierende Internet brachte die Buchungsbestätigung für das nächste Hotel, und einige Nachrichten von zu Hause.

Wir mussten uns noch mit Bargeld ausstatten, hatten allerdings erst am zweiten Geldautomaten Glück. Noch ein paar Postkarten in den Briefkasten, dann konnten wir los. Wir fuhren nicht über den langen Damm, auf dem wir nach Grado gekommen waren, sondern ostwärts an der Küste entlang, leisteten uns sogar einen gehörigen Umweg, um noch länger am Meer zu sein, wo weit draußen die großen Tanker auf Triest zu fuhren und wendeten uns dann landeinwärts auf Slowenien zu.

Unsere wenigen Versuche, angebliche Radrouten zu nutzen, endeten an Maisäckern, aufgeweichten Feldwegen, wackeligen, mit Rädern unpassierbaren Stegen über Wassergräben und einer überschwemmten Bahnunterführung mit unauslotbarer Wassertiefe. Also fuhren wir meist auf gut bis mäßig belebten Autostraßen.

Die Grenze nach Slowenien überschritten wir ganz beiläufig am Rand einer Wohnsiedlung. Dann ging es noch ein Stück nach Slowenien hinein, bis Solkan. Die Hausnummer des Hotels hatten wir auf dem Plan nicht gefunden, die Lagemarkierung auf Booking.com lag etwas abseits einer Landstraße und als wir diesem Hinweis skeptisch folgten, sahen wir schließlich recht hoch über der Straße durch das Tal der Soča einen supermodernen Bau, zu dem der zarte Name "Primula" nicht wirklich passen wollte. Wir arbeiteten uns die steile Einfahrt hoch, wurden sehr zuvorkommend empfangen und bekamen ein nicht sehr großes aber komfortables Zimmer mit Bad und problemlosem Interntzugang. Nach Auspacken und Duschen genossen wir von der großen Terrasse aus den Blick über das Tal, in das wir morgen fahren würden.

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Das Haus beherbergt auch ein schönes Restaurant mit Talblick, das am Abend ganz gut besucht war. Da bekamen wir zu moderatem Preis ein Vier-Gänge-Menü der Extraklasse bei sehr guter unaufdringlicher Bedienung. Beim Rest des guten Rotweins überlegen wir uns das Ziel für den kommenden Tag. Bis wir alles fertig recherchiert und geplant und gebucht hatten, lagen wir dann schon im Bett.

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Heute war Ruhetag. Wir standen spät auf, gingen zum Frühstück in die Bar gegenüber, ganz alla Italiana mit Croissants und Cappuccino. Es regnete. Wir radelten in die Altstadt, besichtigten eine Kirche, fuhren zum Strand und guckten aufs Meer. Nur ganz wenige Leute gingen ins Wasser.

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Durch den generell verregneten Sommer waren insgesamt wenig Gäste da. Und diese wenigen liefen in dicken Jacken durch die Straßen, während wir es noch gut kurzärmelig aushalten konnten. Vielleicht wirken enttäuschte Erwartungen aufs Wärmeempfinden.

In einem Supermarkt holten wir reichlich Obst, Wasser und für den Abend eine Flasche Barbera. Das Obst verspeisten wir auf dem Balkon unseres Zimmers, wo nur sehr langsam unsere Wäsche vor sich hin trocknete. Dann machten wir ausgiebig Siesta.

Das W-Lan im Hotel hatte uns im Stich gelassen und ich wollte mich nicht mit den technischen Hintergründen befassen, also suchten wir den Haupteingang zum Strand auf, wo es öffentliches Netz gab. Zwar sollte man sich mit seinem Google- oder Facebook-Account anmelden, aber wenn man die Privacy-Zumutungen am Ende nicht bestätigte, ging es auch so.
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Auf diese Weise konnten wir für den weiteren Weg recherchieren und unser erstes Hotel in Slowenien buchen. Dann radelten wir zum Abendessen, einer Empfehlung unserer sehr liebenswürdigen Signora folgend auf die kleine Insel zu einem Lokal namens "La Serenella". Da war die Bedienung sehr freundlich, der Salat gut und die Tintenfischsauce zu den Nudeln mache ich besser. Auch hier ging es eher ruhig zu. Der Pizzaofen, neben dem wir saßen, hatte nicht viel zu tun.

Danach gab es noch ein Eis am Rande der Altstadt und den Abschluss bildete der Barbera auf dem Hotelbalkon. Das Bett gleich nebenan war das gleiche.

Die Nacht war gut, das Wetter versprach Wärme. Wir frühstückten in dem dusteren, überladen mit dunklem Holz verkleideten Hotelrestaurant, aber es gab Croissants und Toast und Muffins und Trauben und ordentlichen Cappuccino von der Bar.

Vom muffeligen Kellner beordert sperrte uns ein netter Küchenjunge das Abteil der Tiefgarage auf, wo unsere Fahrräder sicher die Nacht verbracht hatten. Wir packten auf und suchten erstmal einen Supermarkt, um einzukaufen. Auch da hielt, wie nun schon mehrmals gesehen, am Eingang ein Schwarzer die Stellung, grüßte alle freundlich, die aus und ein gingen und bot Einwegfeuerzeuge und anderen Kleinkram an. Italien, das sich nicht dahinter verstecken kann, von "sicheren Drittstaaten" umgeben zu sein, beherbergt Afrikaner in großer Zahl und irgendwie scheinen die Leute auch damit zurechtzukommen.

In einer Buchhandlung am Dom kauften wir noch Landkarten von Slowenien, um uns wegen einer eventuellen Fortsetzung der Reise dorthin zu orientieren. Dann ging es los.

Die Tagesetappe war unspektakulär. Auf meist wenig befahrenen Straßen und mit nur zwei nennenswerten Steigungen fuhren wir leicht abwärts dem Meer zu. Zwei größere Verkehrsknoten meisterten wir souverän mit Hilfe des Navi, das sich überhaupt als sehr hilfreich erweist. Dieses Jahr haben wir beide ein Smartphone auf dem Lenker, das alle relevanten Karten aus OpenStreetMap enthält, und die Routen, die wir fahren wollen. Das klappt meist prima, besonders angenehm auch die problemlose Anfahrt zu den Hotels in unbekannten Orten. Und auch beim Herumlaufen in Städten kommen wir so, meist durch kleine Straßen und Gassen, auf kurzen Wegen zum Ziel.

Wir machten Rast auf dem großen Platz der in konzentrischen Ringen gebauten Stadt Palmanova,

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besuchten die Kathedrale von Aquilea mit dem alten Fußbodenmosaik und fuhren schließlich über den kilometerlangen schnurgeraden Damm auf Grado zu, wobei uns heftiger Regen begleitete. Nun waren wir also am Ziel.

Wir fanden schnell unser Hotel, Villa Corallo, mit dem etwas abgenutzen Charme des Strandhotels zweiter oder dritter Reihe und einer umwerfend freundlichen Besitzerin und machten uns gleich ans Waschen und Duschen. Der geschützte Balkon bot reichlich Trockenmöglichkeiten für Wäsche.

Dann ruhten wir etwas aus und am Abend machten wir uns auf und liefen durch diesen typischen Badeort, der alle Ess- und Schleck- und Kauf- und Spielmöglichkeiten bietet, die der unendlichen Eintönigkeit des Strandlebens ein Wenig Abwechslung beigeben sollen. Ich mag solche Orte des kollektiven Müßiggangs weder in den bayerischen Bergen, noch an der Adria. Wir werden nicht lange bleiben. Schön ist der Blick raus aufs Meer.

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Das Abendessen "Da Luciano" ebenfalls typisch. Man rechnet mit Touristen, die das Land nur von solchen Orten her kennen und bietet ihnen das, was sie sich über viele Jahre gefallen haben lassen.

Schön war es, dann nachts noch alleine zu zweit weit draußen auf einer Mole zu sitzen und dem Meer zu lauschen. Am Ende war der Ort fast wie ausgestorben. Wir gingen ins Hotel und ins Bett.

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