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Morgenkorrespondenz mit Familie und Freunden, dann Frühstück, rustikal, schnörkellos, aber alles dabei. Im Spar nebenan gab es Reiseverpflegung. Bei der Abfahrt leider Regen. Beim Aufstieg zur Tauernschleuse wurde es unter den Regencapes warm und schweissnass.

Die Bahnverladung lief ganz cool mit ebenerdigem Einstieg, geräumigem Fahrradplatz und einem jungen Paar aus Pullach, das die gleiche Tour auf der Ciclovia Alpe Adria machte. Im übrigen Wagen die Autoreisenden, gedrängt, teils stehend, auch einige vollverschleierte Araberinnen.

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Nach einer knappen Viertelstunde waren wir auf der anderen Seite und durften in rasanter Abwärtsfahrt zu Tal brausen. Ich ließ es bis auf 61 km/h kommen und genoss wieder einmal das Sicherheitsgefühl, auf einem hochwertigen, robusten Fahrrad mit ausgezeichneten, bestens dosierbaren Bremsen zu sitzen. (Wer es genau wissen will: Wir fahren individuell konfigurierte Utopia Roadster mit 14-Gang Rohloff Nabenschaltung und hydraulischen Scheibenbremsen von Magura.)

Wir stürzten uns also hinunter nach Oberfellach und fuhren dann, teils auf der Hauptstraße, teils abseits von ihr, manchmal etwas bergauf, aber in der Summe stetig bergab, durch das Mölltal.

Bei Möllbrücke erreichten wir die Drau und fuhren an ihr weiter bis Spittal. Um unser Quartier am südlichen Ende des Millstätter Sees zu erreichen, mussten wir ab Spittal von der Standardroute abweichen. Kräftig ansteigend gelangten wir zum Ostufer des Sees und radelten dann, meist auf einem Radweg entlang der Straße und etwas genervt vom Autoverkehr, immer parallel zum See, aber stets von diesem getrennt durch private Seegrundstücke bis nach Döbriach, wo wir ein Zimmer im "Haus Kärnten" gebucht hatten. Das erwies sich als schlicht und nett und freundlich, mit einer kräftigen Dusche und einem langen Eckbalkon, auf dem es praktischer Weise eine Leine für unsere kleine Wäsche gab.

Wir blieben eine Weile, recherchierten für die nächsten Reisetage, wuschen uns und unsere Hemden und fuhren dann, einer Empfehlung der Wirtin folgend, in Richtung See, wo wir auch gleich ein sehr nettes Restaurant mit freundlicher Bedienung und gutem, frisch gekochtem Essen fanden. Wir wären auch noch gerne auf ein zweites Bier beim "Kohlweiss" geblieben, wo wir auch praktischen Rat für die Weiterfahrt erhalten hatten, aber stattdessen nahmen wir noch zwei Flaschen mit, denn ein Gewitter zog heran, auf dem Heimweg sahen wir schon Blitze, und richtig, kaum dass wir zurück waren und unsere Räder verstaut hatten, fing es an, heftig zu schütten.

Wir setzen uns noch etwas auf die kleine Eckbank mit dem Tischchen, tranken, schrieben, chatteten, Friederike buchte Unterkünfte für die ersten Tage in Italien und neben uns wartete schon das gemütliche Bett.

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Die Nacht über dem Steakhaus war ruhiger, als erwartet, das Frühstück schlicht und ohne viel Auswahl. Beim Supermarkt gegenüber bekamen wir Proviant für den Tag. Wir prüften mal endlich die wichtigsten Schrauben an unseren Fahrzeugen, trugen die Räder dann über die schmale Treppe hinunter von der Terrasse, wo sie die Nacht verbracht hatten, dann die Taschen hinterher, packten auf und fuhren bei schönstem Sonnenschein und zunehmender Wärme los.

Bis Schwarzach-St. Veit ging es immer nahe der Salzach entlang. Danach entstand Verwirrung, weil zwei alternative Routen ausgeschildert waren und wir keine rechten Anhaltspunkte hatten, welche wir wählen sollten. Schließlich entschieden wir uns für die Route auf der rechten Flussseite. Da ging es dann gleich steil  bergauf, so dass wir immer wieder kleine Pausen einlegten.

Wir passierten den "Ausgleichsspeicher  Brandstatt", der durch einen langen Stollen mit Salzachwasser befüllt wird, das dann in wasserärmeren Zeiten das Kraftwerk Schwarzach treiben kann. Ein Stück weiter machten wir Kaffeepause, bevor wir zum 1,5 km langen Klammtunnel  abbogen, der ins Gasteinertal führt. Im Tunnel war es durch die Belüftungsanlagen und den Widerhall der Fahrzeuggeräusche unangenehm laut, aber für Radfahrer gibt es einen robust gesicherten separaten Weg, auf dem wir zügig vorankamen.

Im Gasteinertal ging es dann mit einigen kräftigen Anstiegen weiter, vor allem zum Ende der Etappe, zuerst nach  Bad Hofgastein. Wir ließen uns entsprechend viel Zeit. Am bekannten Wasserfall machten wir Halt und ein Beweisfoto,

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dann stiegen wir in einer langgezogenen Serpentine das letzte Stück auf zum Bahnhofsplatz, wo wir standesgemäß im "Euro Youth Hotel Krone" reserviert hatten. Das Haus sieht von außen aus wie ein edles altes Kurhotel, ist innen modern und schnörkellos ausgestattet und durchaus preiswert.

Unten gibt es ein urig gestaltetes Restaurant, wo wir ganz gut zu Abend aßen und sehr freundlich bedient wurden. Es gab Augustiner Bier, was wir hier nicht erwartet hätten. Oben wartete schon ein bequemes Bett.

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Schon im ersten Morgenlicht kündigte sich schönes Wetter an. Wir stärkten uns am Frühstücksbuffett, packten unsere größtenteils über Nacht getrockneten Sachen ein, schleppten unsere Fahrradtaschen vors Haus, holten die Räder aus der Garage, über denen noch die Regencapes zum Trocknen ausgebreitet waren, packten auf und fuhren los.

Zuerst ging es im weiten Tal entlang, dann ein Stück aufwärts zum Pass Lueg. Wieder etwas hinunter und schließlich eine längere Strecke auf der Bundesstraße neben Bahn und Fluss durch eine enge Schlucht. Danach gab es zum Glück einen recht breiten Randstreifen, auf dem wir fahren konnten, aber die zahlreich überholenden LKW waren doch etwas unangenehm, die Gruppen knatternder Motorräder ebenso. Im hübschen Ort Werfen gönnten wir uns eine Kaffeepause.

Mal an der Salzach, mal an der Bahnlinie entlang ging es über Bischofshofen nach Sankt Johann, wo diese kurze Etappe dann auch schon endete. Die "Rauchkuchl", wo wir reserviert hatten, erwies sich als uriges Steakhaus mit zugehöriger Pension. Auf dem Vordach ein lebesgroßer schwarzer Stier, vor dem Haus roh gezimmerte Tische und Bänke und unsere Fahrräder parkten vorläufig an einem Platz mit zwei Harley-Davidson-Schildern. Unser Zimmer war klein und ganz niedlich eingerichtet.

Wir machten uns kurz frisch und dann auf zu einem kleinen Rundgang. Gleich um die Ecke gab es einen Heavy-Metal-Laden, was uns in dem kleinen Ort etwas verwunderte, bis wir die örtliche Bevölkerung näher kennen gelernt hatten. Erstaunlich viele schienen in Kleidung und Körperschmuck Kunden des "Metal Shop" und einiger Tatoo- und Piercing-Studios am Ort zu sein. Es gab auch einige andere Kleiderläden herberen Stils, auch in gehobener Preisklasse.

Wir liefen hinauf zum Dom, den wir uns ansahen, dann nahmen wir auf der Terrasse des "Kirchenwirt" Platz, von wo wir Ausblick auf die umliegenden Berge und die modernen Bausünden des Ortes hatten. Deren schlimmste, das riesige Kultur- und Kongresszentrum, erschlägt völlig die alte Kirche schräg gegenüber. Eine junge Touristenfamilie mit Kleinkind am Tisch nebenan fragte, ob es im Ort noch irgendein nettes Zentrum gäbe. Wir hatten keines gefunden. Die wenigen hübschen alten Häuser werden von Straßenverkehr und modernen Betonbauten erdrückt. Kein Wunder, dass die Einheimischen auch persönlich einen etwas herberen Stil pflegen.

Kein Ort also, an dem man aus einem anderen Grund verweilen möchte, als zur Rast vor dem großen Aufstieg der uns die nächsten beiden Tage bevorsteht.

Im Steakhaus, wo wir wohnten, wollten wir nicht zu Abend essen. Also probierten wir den Gasthof Silbergasser, wo wir eine große Trauergesellschaft wieder sahen, die uns am Nachmittag schon bei der Kirche begegnet war. Ihre Anwesenheit beherrschte das Gasthaus und wir hatten Gelegenheit zu vielfältigen Beobachtungen der Charaktere und der Gruppendynamik.

Das Essen beim Silbergasser war erkennbar frisch hausgemacht und das Gulasch das bislang beste in meiner dieser Tage laufenden Testreihe.

Noch ein Abendbier, dann gingen wir in unser nettes kleines Zimmer mit dem gemütlichen Bett und ruhten uns aus für die kommenden Anstrengungen.

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Es war gar nicht so einfach, von Bad Reichenhall fortzukommen. Zuerst wollten wir uns noch etwas den Ort ansehen, dann suchten wir einen Weg nach Salzburg. Da begannen die Schwierigkeiten. Wir hatten eine Route aus dem Internet geladen, aber der Autor schien Trampelpfade zu lieben. Das Navi wollte wieder gleich direkt über den Berg. Im Ort gab es eine Menge Wegweiser für jeweils beiden Richtungen der hindurchführenden Fernradwege, aber es fehlten Hinweise auf den Zielort, so dass es im Gewirr der Gassen schwierig war, die richtige Wahl zu treffen. Nach einigen Irrfahrten beschlossen wir, uns auf die App des "Bayernnetz für Radler" zu verlassen. Die Kartendarstellung ist zwar winzig, aber der mikroskopisch kleine rote Pfeil zeigt zuverlässig Standort und Zielrichtung, eine Textanzeige nennt die momentane Abweichung von der Idealroute und so wurden wir zügig nach Salzburg geführt.

Es begann leicht zu regnen. Ein Café, wo wir Unterschlupf suchen und den weiteren Tagesverlauf planen wollten, schloss gerade zur Mittagspause, im Weiterfahren nahm der Regen zu und als er sich zum Wolkenbruch auswuchs, erreichten wir gerade noch überdachte Parkplätze vor einem größeren Haus und stellten uns für einige Zeit unter.

Dass der Regen ganz wieder aufhören würde, schien aussichtslos. Also machten wir uns, als er gerade einmal etwas nachließ, auf und fuhren weiter. Auf dem Tauernradweg ging es salzachaufwärts durch Auwälder, teils auf Asphalt, teils auf zementgebundenem Sand, teils auch auf durch den Regen matschig gewordenen Pfaden. Zum Teil goss es heftig und wir mussten unser Gepäck zusätzlich schützen.

Unter einer breiten Autobahnbrücke machten wir Rast und verspeisten die letzten Reste von Brot und Camembert, die noch dem heimischen Kühlschrank entstammten. Den Kaffee dazu holten wir uns ein paar Kilometer weiter in Hallein, wo wir mit unseren Rädern wieder unter den großen Schirmen eines kaum besuchten Lokals Unterschlupf fanden.

Der Ort hat offenes W-Lan für alle und so konnten wir etwas recherchieren und schließlich ein Zimmer in Golling buchen. Mit diesem konkreten Zufluchtsort in Aussicht fuhr es sich dann auf der restlichen Strecke bedeutend leichter.

Das Hotel Garni Ramsl empfing uns freundlich, das geräumige Zimmer war unspektakulär ordentlich, die Beleuchtung in Zimmer und Bad eher spärlich und duster. Da es erst Spätnachmittag war, hatten wir reichlich Zeit, feucht Gewordenes zum Trocknen auszubreiten, das W-Lan zu nutzen, ausgiebig zu duschen und die unter dem Regencape durchgeschwitzten Unterhemden und Hemden zu waschen.

Dann machten wir uns auf ins schmucke Ortszentrum, wo es eine Burg gibt,

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interessante Läden,

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wirklich hübsche Häuser und etliche Lokale, unter denen wir schließlich den gut besetzten "Goldenen Ochs" wählten, wo in sensationell kurzer Zeit unser Essen kam. Zum Abschied fragte uns der junge Wirt, ob uns die Gruppe von fünfzig slawischen Gästen unangenehm laut vorgekommen wäre. Italiener seien noch weitaus schlimmer. Wir hatten keine Probleme, gestern in Reichenhall war es lauter gewesen.

Zum Abendbier gingen wir dann noch ein paar Häuser weiter, sahen am Nebentisch stäbchengewohnte Asiaten erkennbar unbeholfen mit unserem Besteck hantieren, hörten aus dem Raucherzimmer nebenan eine TV-Fußballübertragung und die zugehörigen Emotionen der Zuschauer.
Auf dem Rückweg zum Hotel verliefen wir uns nochmal etwas, womit der Tag endete, wie er begonnen hatte. Es war kühl und nieselig, aber wir haben ja ein komfortables Zimmer und ein hoffentlich bequemes Bett.

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Während des Frühstücks nieselte es. Bis wir reisefertig waren, hatte sich über uns ein Wolkenloch aufgetan und das begleitete uns, zum Teil sogar mit Sonne, bis kurz vor Traunstein. Dort mussten wir dann unsere Regencapes rausholen. Auf dem Stadtplatz gab es einige Lokale, die regendichte große Schirme aufgespannt hatten und da ließen wir uns zum Kaffee nieder.

Die größere Stadt bot auch Gelegenheit zu einigen Besorgungen, wie zum Beispiel Magnesium-Dragees zur Ergänzung unserer Vorräte, Kytta-Salbe für mein etwas lädiertes Knie, Kleber für eine abgebrochene Navi-Halterung und ein paar andere Kleinigkeiten. Dann überlegten wir uns den weiteren Weg und buchten bei Booking.com eine Unterkunft in Bad Reichenhall. Wir wollten es heute etwas ruhiger angehen. Es sollte noch anders kommen.

Zunächst ging es wieder trocken weiter, anfangs abseits aber in Hörweite der stark befahrenen Bundesstraße nach Siegsdorf, dann auf Radwegen, die häufig die Seite wechselten, an ihr entlang. Bei Inzell entstand dann Verwirrung zwischen verschiedenen Routenvorschlägen, der Bodensee-Königssee-Radweg, dem wir folgen wollten, war schlecht geroutet, so dass wir ihm stellenweise gar nicht finden konnten und bei Inzell war uns die "Deutsche Alpenstraße" einfach zu stark befahren.

So ließen wir uns eine ruhigere und kürzere Route berechnen und fuhren aufwärts über Pommern nach Adlgaß. Danach hörte die Asphaltstraße auf und wir fuhren auf einer breiten Sandstraße steil bergauf. Stellenweise war die Steigung so, dass wir sie nur in kurzen Etappen mit längeren Pausen bewältigen konnten. Skeptisch wurden wir, als uns das Navi auf einem kaum zu erkennenden Trampelpfad steil bergab führen wollte. Wir blieben hartnäckig auf dem heftig ansteigenden Forstweg durch den Wald der Stoisser Alm, wurden aber zunehmend skeptisch, ob uns jenseits der Almen, die wir auf der Karte sahen, eine befahrbare Straße oder nur Wanderwege erwarten würden, die wir mit unseren schwer beladenen Rädern kaum würden fahren können.

Schließlich beschlossen wir, umzukehren. Das Navi bekam den Auftrag, unbefestigte Wege zu meiden, ergab sich nach einiger Gegenwehr und führte uns auf der nun, am Abend, kaum mehr befahrenen Alpenstraße entlang. Der Weg war so zwar fast doppelt so lang wie unsere "Abkürzung" über den Berg, aber dafür ging es fast immer bergab, zum Teil sogar recht flott, und kurz nach 20 Uhr waren wir an der "Pension Lex" und wurden freundlich empfangen. Wir brachten unser Gepäck aufs Zimmer, machten uns ein Kleinwenig frisch und radelten flott und leicht ein Stückchen zurück zum "Schwabenbräu" wo es ordentlich voll war und wir wieder gutbürgerlich zu Abend aßen, mit den Töchtern in München und Island chatteten, ein bisschen herumrecherchierten und diesen Blogtext verfassten.

Am Heimweg hatte der zwischenzeitliche Regen aufgehört, ungemütlich kalt war es auch so, aber wir haben ja ein komfortables Zimmer und ein hoffentlich bequemes Bett.

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Das Wetter bescherte uns einen angenehmen Starttag. Es war nicht zu heiß, aber doch lange Zeit sonnig. Da wir diesmal direkt von zu Hause aus radeln wollten, waren wir nicht an Fahrpläne und Abfahrtszeiten gebunden und konnten uns Zeit lassen. Die erste Etappe zum Einradeln sollte auch nicht zu anspruchsvoll werden und so genügte es uns, um die Mittagszeit aufzubrechen.

Auf wohlbekannten Wegen ging es nach Harthausen, Wolfersberg, Schattenhofen und dann weiter auf dem Panoramaweg Isar-Inn über Grafing nach Wasserburg. dann folgten wir dem Inn-Alz-Radweg bergauf bergab. Das war landschaftlich sehr schön, aber kräftemäßig an diesem ersten Tag durchaus eine Herausforderung.

Als es am frühen Abend dann reichte, telefonierten wir einige nicht allzu weit entfernte Unterkünfte ab und bekamen etliche Absagen, bis wir schließlich in Obing Erfolg hatten. Das lag zwar ein paar Kilometer ab vom Weg und war noch gut zehn Kilometer entfernt, aber mit einer sicheren Unterkunft in Aussicht war das zu schaffen.

Das Gästehaus Seeblick wird zwar seinem Namen nicht in spektakulärer Weise gerecht, in der Tat hatten wir keinerlei Sicht auf den See, nur auf eine Siedlung mit Kugelbüschen und dem üblichen Gartentand, ist aber absolut ordentlich und mit 96 Euro pro Nacht nicht ganz billig. Wir richteten uns kurz ein und radelten dann schnell ins Dorf, um noch ein Abendessen zu ergattern. Das gelang im Gasthof Kufner, wo wir anständige einfache Wirtshauskost bekamen. Am Nebentisch gaben drei örtliche Rennradler in Vereinstrikots Bergtourenlatein zum Besten und labten sich ordentlich am Weißbier.

Am Heimweg war es kalt und niesrlig, aber wir haben ja ein komfortables Zimmer und ein hoffentlich bequemes Bett.

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Bilder von drei schönen Radltagen von Salzburg über St. Gilgen und Seewalchen am Attersee bis Oberhofen am Irrsee, 19.-21. Mai 2013

Wir hatten eine erholsame Nacht im Etap-Hotel. Irgendjemand hatte die Verriegelung des Fensters geöffnet und vergessen, es wieder zu schließen, so dass es bei unserer Ankunft leicht offen stand. So konnten wir sogar bei Frischluft schlafen, ohne Zwangsklimatsierung. Wie gesagt, sind die Etap-Hotels vom Konzept her ganz in Ordnung. Aber immer wenn ich auf einer Reise viele Hotelzimmer gesehen habe, möchte ich am liebsten selbst ein Gästehaus aufmachen, um all die kleinen und großen Fehler zu vermeiden, die mir begegnet sind. So war zum Beispiel der Kloschrank in unserem Zimmer genau so groß, wie unbedingt nötig, aber es war kein Halter für die Reserve-Papierrolle vorhanden, also lag die am Boden. Bei so viel Perfektion ein seltsamer Mangel. Anstelle eines Griffes hatte die Glastür der Duschkabine ein Griffloch, durch das Wasser von der Brause direkt auf den Boden spritzte.

Dafür waren Brause und Armatur wirklich in Ordnung. Keine zehnfach verstellbare Massagebrause, die nur ein paar Wochen lang schick ist und für den Rest ihres Daseins ein schreckliches Ärgernis für jeden Gast. Sei es, dass nur mehr ein Rinnsal herauskommt, sei es, dass das Wasser nach allen Seiten davonspritzt, sei es, dass ein scharfer Strahl unerwartete Empfindungen an Stellen hervorruft, die man eigentlich nur waschen wollte. Ein besonderes Monster von Dusche gab es bei unseren beiden Besuchen in Aurillac. Dort standen Fertigduschen mit einer großen fest eingebauten Brause über dem Kopf, die am liebsten dann losging, wenn man die Haare trocken behalten wollte. Dann gab es sechs oder acht schwenkbare seitliche Düsen unterschiedlichen Verstopfungsgrades, die beim Versuch, sie zu schwenken, zum Herunterfallen neigten, und schließlich noch die obligatorische Handbrause mit fünf Massagefunktionen. Siehe oben. Wie einfach könnte das Leben sein.

Wie wäre es mit der Möglichkeit, das Handtuch in Greifnähe der Dusche aufzuhängen? Wie generell mit Gelegenheiten, Handtücher aufzuhängen, so dass man sie auch noch am nächsten Morgen auseinanderhalten kann? Überhaupt gibt es selten ausreichend Haken und Bügel, seine Sachen aufzuhängen. Die vom Schwitzen feuchten Sachen bei der Ankunft, die unterwegs verpackt gewesenen Sachen zum Aushängen, ehe man sie anzieht, die schnell mal herausgewaschenen Sachen zum Trocknen, die Hose und das Hemd während man schläft.

Steckdosen sind meist auch Mangelware. Entweder fernsehen oder das Mobiltelefon laden. Im Etap-Hotel Genf hätte ich einen Adapter gebraucht, um mein Netbook aufzuladen, weil der in Deutschland und Frankreich passende Schuko-Netzstecker hier in der Schweiz nicht zu gebrauchen war. Dies alles hier festzuhalten hatte ich die Muße, während Friederike nach unserem Frühstück in einer einfachen Bar beim Migros Proviant und Mitbringsel einkaufte.

Blumenuhr mit Touristenbähnle

Dann rollten wir weiter durch die Stadt, stellten fest, dass die berühmte Blumenuhr höchstens wegen der vor ihr posierenden Touristen interessant ist, dass Genf das Geld hat, riesige alte Bäume mit der Handbrause begießen zu lassen, dass wir inzwischen so gut trainiert sind, dass wir den steilen Weg hinauf zur Kirche St. Pierre samt Gepäck radeln können, ohne abzusetzen, dass es in der Kirche dann allerdings außer Kanzel und Chorgestühl kaum etwas zu sehen gibt, dass es aber beim Heim für Töchter in einer Ecke des Platzes eine lauschige Bank zum aufeinander Warten gibt, dass man von dem Berg nur schwer wieder ohne Treppen herabfindet, dass das Solar-Touristenbähnle am Quai Gustave Ador kurz hält, damit seine Bleiakkus mittels Hubwagen ausgewechselt werden können und dass das durchorganisiert ist, wie ein Reifenwechsel bei der Formel 1, dass sich ein Teil der genfer Businesspeople mittags gerne mit einer Schachtel Takeaway-Food auf Steinstufen am Fluss setzt, während die vermutlich besser verdienenden ein paar Schritte weiter teuer speisen. Wir setzten uns auf eine Steinstufe am Quai, schauten dem bunten Treiben zu und aßen Brot und Käse vom Migros. Der Montblanc lag im Dunst verborgen.

Mittagspause am Quai

Am Bahnhof herrschte die übliche Verwirrung, wo das Fahrradabteil des Zuges sein würde. Ich fragte einen Eisenbahner, aber der gab eine falsche Auskunft, so dass wir nach Einfahrt des Zuges den üblichen Spurt hinlegen mussten. Hastiges Einsteigen also, aber als Mitfahrer hatten wir einen Richter aus Toulouse, der sehr gut deutsch sprach, viel mit dem Fahrrad herumgekommen war und allerhand zu erzählen hatte. So wurde uns bis Zürich nicht langweilig. Dann umsteigen in den Zug nach München, wo wir für Menschen und Räder reservierte Plätze hatten. Auch das klappte alles recht problemlos. Ab Lindau schlich der Zug wegen Bauarbeiten auf irgendeiner Umleitungsstrecke dahin. Es gab Strom für mein Netbook, also schauten wir uns meine Fotos an, ich hörte Musik, Friederike las in ihrer französischen Krimisammlung. Uns war so langweilig, wie das klingt. Zudem stand uns noch die Radltour vom Hauptbahnhof nach Hause bevor, denn auf der S-Bahn-Stammstrecke in München wird an allen Sommerwochenenden gebaut.

Sonnenuntergang am Bodensee

Um nicht vor Hunger und Durst vom Rad zu fallen, gönnten wir uns kurz vor Schließung der Imbissstände am Hauptbahnhof noch einen Snack und je eine Flasche Augustiner, lernten dabei einen lustigen Bahnhofsfan kennen und fuhren dann, ganz ohne Navi, auf meiner „Nachtroute“ über Ramersdorf und Perlach nach Hause. Dort war alles noch an seinem Platz.

Gesamt-Track

 726 Fahrradkilometer

Kurze Nacht. Kein Frühstück. Frösteln in der Morgenkühle. Auf dem Weg zum Bahnhof holte Friederike in einer Boulangerie Croissants und Pains au Chocolat. Der Zug stand schon da, es war reichlich Platz für unsere Räder. Außerhalb der Ferienzeit wäre wohl in einem Frühzug um 7:55 Uhr bedeutend mehr los.

Räder im Zug ab AurillacAuf der Fahrt durchs Cantal suchten wir wieder bekannte Orte. Thiezac hat offenbar keinen Bahnhof mehr. Vor vielen Jahren waren wir hier mit einem scheppernden Zug zu unserem ersten Wanderurlaub in Frankreich angereist und hatten immer auch die Bahn zur Hin- oder Rückfahrt bei unseren Wanderungen über die Ränder des alten Vulkankraters benutzt. Um diese frühe Morgenzeit lag Tau auf den Wiesen und Nebel in einigen Teilen des Tals.

Blick aus dem Zugfenster im CantalIn Clermont-Ferrand gibt es leider weder Rampen noch Aufzüge, so dass wir Taschen und Räder separat schleppen mussten. Allerdings sind wir inzwischen ein gut eingespieltes Team und schaffen das Rauf und Runter in Rekordzeit, ohne dabei die Kontrolle über die Lenkertaschen mit den Wertsachen, die Räder und das übrige Gepäck zu verlieren. Die Übergangszeit erlaubte es uns, gegenüber dem Bahnhof in Ruhe einen Milchkaffee zu trinken, Wasser und Kekse zu kaufen und eine ganz kurze Runde in der Stadt zu drehen, bevor wir uns im Zug nach Lyon einrichteten. Da gab es wieder Hängevorrichtungen für die Räder, so dass wir alles Gepäck separat verstauen mussten. Außerdem sind die Aufhängungen für niedrigere Fahrräder konstruiert, so dass die Leute immer an den Lenkern und vor allem an unseren Rückspiegeln hängen bleiben. Würden die Konstrukteure solcher Waggons selbst mit dem Fahrrad reisen, gäbe es bestimmt Stellplätze, an denen man beladene Fahrräder sicher abstellen könnte. Schon für ganz normale Koffer ist in vielen modernen Zügen nicht ausreichend Platz. Die Konstrukteure fahren vermutlich im Alltag mit dem Auto und verreisen mit dem Flugzeug. Dort wird an das Gepäck gedacht.

Am Bahnhof in Clermont Ferrand hatten wir erfragt, dass es eine Zugverbindung nach Genf gäbe, die uns drei Stunden Wartezeit ersparen würde. Einziges Handicap: nur achtzehn Minuten Übergangszeit in Lyon. Aber mit den Rampen am dortigen Bahnhof wäre das zu schaffen. Wir räumten also beizeiten unsere Taschen in die Nähe des Ausgangs, nahmen Aufstellung und versuchten, zu raten, auf welche Seite der Bahnsteig sein würde. Gepäck raus auf den Perron, Fahrräder von den Haken, ohne irgendetwas aus den Augen zu verlieren, Fahrräder beladen und zwischen Bahnsteigkante und gedrängten Reisenden fast die ganze Bahnsteiglänge bis zu den Rampen und hinab. An Gleis B keine Rampe, nur ein Aufzug, vor dem viele Leute warteten. Dahinter eine Rolltreppe. Rolltreppe fahren mit beladenen Rädern hatten wir schon. Mit guten Bremsen kein Problem. Oben das bekannte Ratespiel, wo die Fahrradabteile sein würden. Als der Zug kam, stellte sich heraus, dass wir es mit unserem Standort nicht schlecht getroffen hatten. Wir waren die ersten Radler im Zug. Hinter uns kam noch eine Familie aus Luzern, mit zwei Kindern, zwei Rädern, Kinderrad, Kinderanhänger und mords Gepäck. Aber ebenfalls gut organisiert. Alle erstmal rein, dann Plätze reservieren, Gepäck abladen im Getümmel der übrigen Fahrgäste, Gepäck verstauen, hinsetzten, durchatmen, geschafft! Wir hatten einmal Umsteigen in Bellegarde gespart und würden dreieinhalb Stunden eher in Genf sein.

Genfer SeeDie Fahrt ging dann auch ganz problemlos. An den Haken baumelten ein Kinderrad und vier teure Fahrräder mit Rohloff-Schaltung.  Die Schweizer hatten sogar Zahnriemen-Antrieb statt Kette (bis sie einmal im Winter damit fahren und gefrorener Matsch in den Riemenscheiben festfriert, wie damals bei Pias stolzem Patria-Kinderrad). Wir fuhren durch schöne Landschaft, aßen restliches Baguette und Kekse und freuten uns auf einen netten Abend in Genf. Das Etap-Hotel war leicht gefunden, der Weg bergauf dorthin angesichts des Trainingszustandes, den wir in den letzten Tagen erreicht hatten, auch kein echtes Problem. Wir sicherten unsere Räder vor dem Haus mit der schweren amsterdamer Kette, machten uns frisch und radelten dann in die Innenstadt und dort ein Wenig umher, durch ein paar Straßen mit teuren Lokalen, dann an den See. Wir wechselten fünfzig Schweizer Franken ein, stellten fest, dass die Preise noch höher sind, als in München und landeten nach einigem Suchen zum Abendessen in einer sehr reellen Pizzeria in einem innenstadtnahen Wohnviertel.

Dann radelten wir in der Abenddämmerung die Quais entlang, saßen eine Weile auf einer noch sonnenwarmen Steinmauer in der lauen Abendluft, sahen den Leuten zu, schauten aufs Wasser hinaus und auf die Lichter der Stadt und fuhren am Ende wieder den langen Berg hinauf zum Hotel.

Genfer See bei Nacht

Die Nacht in unserem schönen grossen Zimmer zum Hauptplatz von Marcolés war etwas unruhig. Die Wimpelleinen vor dem Haus flatterten hörbar im kräftigen Wind und fast die ganze Nacht über kamen gelegentlich lärmende und offenbar auch betrunkene Festgäste vorbei. Diese Sommerfeste in der Haupt-Urlaubszeit, wie wir sie jetzt hier in Frankreich erleben und auch aus Italien kennen, haben wohl etwas damit zu tun, dass viele Einheimische entweder im eigenen Land oder gar nicht verreisen. Bei uns sind Feste eher vor den Sommerferien, weil danach sehr viele weg sind. So waren am Morgen auch alle im Haus mit emsigen Festvorbereitungen beschäftigt. Straßensperren wurden aufgestellt, Getränke gekühlt, Tische und Bänke hergerichtet. Am Vorabend hatten wir in der Kirche sehen können, dass auch die Jungfrau Maria zu ihrem Geburtstag, dem 15. August, besonders hergerichtet wurde.

Baum in FeldernTrotz des Feiertags hatte der kleine Supermarkt vormittags geöffnet, so dass wir uns wieder versorgen konnten, ehe wir losfuhren. Wir waren lange Zeit fast allein auf den kleinen Straßen, die uns auf und ab durch kühle Flusstäler und über weite Höhen führten. Auf den Weiden standen Kühe, in der Luft kreisten immer wieder Greifvögel. Bald tauchte vor uns in der Ferne wieder die Berglandschaft des Cantal auf. Der recht starke Wind, der schon nachts ums Haus gepfiffen hatte, dauerte an, kam aber zum Glück fast nie von vorne. Er kühlte angenehm, denn eigentlich war es recht heiss. Als wir nach einer Brotzeitpause am Bouleplatz von X wieder aufbrachen und auf der breiten sonnenbeschienenen Ortsstraße aufstiegen, zeichneten sich meine Reifenspuren im aufgeweichten Asphalt ab.

FeldwegAuf einer Weide beobachteten wir Kühe, die sich gegen die lästigen Insekten gerne die Hilfe von Vögeln gefallen ließen, die sich ihnen sogar auf die Schnauze setzten und dort herumpickten.

KüheNachdem unsere Tagesroute nicht lang war, konnten wir uns bei den Aufstiegen Zeit lassen, hatten allerdings im Internet auch die Gewitterwarnungen für den Nachmittag gesehen und wollten gerne bei gutem Wetter nach Aurillac kommen. Als wir den Ort aus einigen Kilometern Entfernung unten vor uns liegen sahen, begannen sich hinter uns bereits dunkle Wolken zusammenzuziehen. Wir erreichten aber problemlos die Stadt und fanden auch gleich unser Hotel, Le Renaissance, wo man bei heftiger gewordenem Wind bereits begann, die Außentische abzuräumen. Als wir uns aber frisch gemacht hatten und wieder auf die Straße kamen, hatte der Wind nachgelassen und das angekündigte Unwetter war zumindest vorerst ausgeblieben. Während wir beim Nachmittagskaffee saßen, drang sogar wieder die Sonne durch die Wolken.

Blumenampeln in AurillacWir wanderten einige Zeit durch die Gassen der Stadt. Aurillac ist nicht wirklich das, was man einen malerischen oder hübschen Ort nennen würde. Es gibt viele heruntergekommene Gebäude, einige horrende moderne Bausünden und viel gestalterische Lieblosigkeit, auch wenn in manchen Straßen große gut gepflegte Blumenampeln hängen. Natürlich sieht eine Stadt anders aus, wenn auch noch feiertagshalber die Geschäfte zu sind. Aber unser Gesamteindruck war nicht enthusiastisch.

Am frühen Abend setzten wir uns vor das moderne Café, wo wir schon ein paar Stunden zuvor gewesen waren, tranken Bier vom Fass und schauten allerlei illustrem Volk zu, das in dem Lokal verkehrte. Im Hintergrund standen wieder finstere Wolken, aber es blieb warm und trocken.

Im Hotel ist der W-Lan-Zugang kaputt und wegen des Feiertags gibt es niemanden, der ihn reparieren kann. Ein überraschendes Phänomen auf dieser Reise war, dass es in fast allen Unterkünften einen kostenlosen Internet-Zugang per W-Lan gab. Mehr noch: auch auf dem Land konnte ich ohne Probleme meine Blog-Photos hochladen und hatte den Eindruck, dass die Internet-Anbindung immer im Bereich mittlerer DSL-Geschwindigkeit, also bei mindestens 5 MBit lag. Davon können vergleichbare Gegenden in Bayern nur träumen.

Als wir zum Abendessen in unser Hotel hinübergingen, begann es zu regnen. Das Abendessen war gut und ein durchaus passender  Abschluss für den kulinarischen Aspekt dieser Reise. Die Darbietung war eher sachlich. Den Näpfchen, in denen die einwandfreien Pommes Frites angeboten wurden, fehlten drei Fünftel von vier Henkeln.

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