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Auch am zweiten Tag unseres Aufenthalts wollten wir uns der Kunst widmen und so fuhren wir zuerst zum Vitra Design Museum, wo es eine Ausstellung "Night Fever - Design und Clubkultur" zu sehen war, in der die Geschichte der Clubkultur und die Ausstattung der angesagtesten Clubs aus aller Welt gezeigt wurden. Im Vitra Schaudepot am anderen Ende des riesigen Geländes gab es unzählige Stühle aller Designrichtungen von 1800 bis heute. Ausprobieren durfte man sie leider nicht, manche sahen allerdings auch eher experimentell und unbequem aus.


Zwischen beiden Häusern gab es einen Aussichtsturm mit einer Rutschbahn, die Friederike begeistert ausprobierte.


Das Vitra-Gelände und die Fondation Beyeler sind durch einen Rad- und Wanderweg verbunden, an dem Skulpturen des Künstlers Tobias Rehberger stehen und diesen Weg wollten wir nun nehmen. Er führte uns steil und hoch hinauf in die Weinberge, von wo aus wir einen weiten Blick über Stadt und Land und auf ein in der Ferne sich ballendes Gewitter hatten.

Unterwegs gab es auch einmal einen kleinen Trinkbrunnen, an dem wir gerade noch unsere Wasserflaschen füllen konnten, ehe ihn drei Möpse in Beschlag nahmen, die zur Freude ihres Herrchens munter in den Brunnentrog kletterten und darin plantschten.

Die Skulpturen standen weit auseinander, es gab keine Wegweisung und so gaben wir schließlich die Suche auf und fuhren auf kurzem Weg zur Fondation, um im dortigen Park beim Duft von Netos Pavillon-Installation Brotzeit zu machen.

Die Arbeiter im Museumspark rollten ihre Bewässerungsschläuche ein und zurrten Calders "Baum" mit Seilen fest, damit das Mobile nicht durch den erwarteten Sturm Schaden nehme.

Wir radelten anschließend zum Tinguely-Museum und betrachteten die faszinierenden Konstruktionen, die der Künstler aus Schrott, Altholz, Knochen und allen nur denkbaren anderen Materialien fabriziert hatte. Vieles war beweglich und von Elektromotoren angetrieben, so dass es in dem Museum fortwährend irgendwo rasselte, klapperte und quietschte. Wir blieben bis zum Schluss.

Von einem hoch über dem Rhein gelegenen Gang des Museums aus hatten wir entdeckt, dass sich unterhalb zahlreiche Badende mit ihren "Fischli" versammelt hatten, also mit wasserdichten Säcken, in denen sie ihre Sachen verstauten, um sich dann damit den Fluss hinunter treiben zu lassen. Auf unserem Weg an einer Uferstraße rheinabwärts kamen uns in dichter Reihe hunderte von Badewilligen mit ihren Fischli zu Fuß entgegen. Wir setzten uns etwas weiter auf eine Bank und sahen dem Treiben auf dem Rhein zu. Wir telefonierten etwas länger mit der Familie und radelten dann wieder in die Gegend unseres Quartiers, um diesmal beim Griechen einzukehren und zu Abend zu essen. Die Sonne ging hinter ein paar hellen Wolken unter und das Unwetter mit dem von vielen sehnlich erwarteten Regen war ausgeblieben.

Nach gut einer Woche täglicher Fortbewegung wollten wir nun einmal für ein paar Tage an einem Ort bleiben. Zum Frühstück gab es Backwerk und Joghurt aus einem nahen Supermarkt, Kaffee und Tee aus den Vorräten des Hauses. Dann machten wir uns auf den Weg zur Fondation Beyeler und sahen uns die aktuelle Ausstellung mit Werken von Francis Bacon und Alberto Giacometti an. Ersterer mit intensiven, oft auch gewalthaften Bildern in kraftvollen Farben, letzterer hauptsächlich mit filigranen, zerbrechlich wirkenden Figuren, die es angesichts der Übermacht der baconschen Bilder schwer hatten, Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen.

Wir liefen noch eine Runde durch den Park des Museums mit u.a. einem "Baum" von Calder, einem Hasen von Thomas Schütte und einer Installation aus Baumwollbändern und Gewürzsäcken von Ernesto Neto, die in einem Pavillon im Freien ebenso nach Zimt dufteten, wie eine große Installation von ihm im Inneren des Museums.

Dann fuhren wir hinüber nach Basel und wollten eigentlich ins Tinguely-Museum, aber das hatte montagshalber geschlossen. Also fuhren wir ein Wenig durch die Stadt, sahen die Gierseilfähren, die, an einem hoch oben quer über den Fluss gespannten Seil nur durch die Strömung getrieben je nach Stellung des Schiffs mal zum einen und dann zum anderen Ufer pendelten,

sahen Leute den Rhein hinunterschwimmen,

überquerten mehrmals die Brücken

machten Halt am Dom und schauten hinein

und besahen uns das Rathaus von außen und von innen, wobei wir erkennbar nicht allein waren.

Wir radelten weiter durch die Altstadt, gönnten uns ein Eis, durchstreiften den Stadtteil Klybeck, studierten dort einige Speisekarten von Restaurants, fanden aber nichts passendes und beschlossen, in die Gegend unseres Hotels zurückzukehren. Dort allerdings hatten sowohl der Türke vom Vortag, als auch der Grieche daneben Ruhetag, so dass wir schließlich zu einem Asiaten auf der anderen Straßenseite gingen und dort gut und günstig zu Abend aßen.

Mit Radwegen an Flüssen verbindet sich ja in Erwartung und Erinnerung die Vorstellung von leichtem Gefälle oder geringer Steigung, von ruhigen Wegen in kühler Aue, von lauschigen Rastplätzen am Ufer, vielleicht auch von einem gelegentlichen erfrischenden Bad. Bei genauerem Hinsehen oder Erinnern hingegen stellt sich heraus, dass Flusstäler meist auch wichtige Verkehrsadern sind, in denen sich Straßen und Bahnlinien auf oft engem Raum zusammendrängen. Und wenn der Platz nicht reicht, führen die Wege mit Steigungen an den Uferflanken hoch und in Abfahrten hinunter, um alsbald abermals anzusteigen. Große Flüsse ziehen auch Industrie an, die ihr Wasser nutzen möchte, und Kraftwerke, die es zur Kühlung verwenden. Und Siedlungen. Und Tourismus.

So begann auch unsere Fahrt an diesem Tag entlang von Hauptstraßen. Bei Koblenz wechselten wir wieder in die Schweiz und fuhren bald in eine Sackgasse, denn wo meine Karte einen befahrbaren ruhigen Weg am Rhein gezeigt hatte, kam stattdessen zunächst eine Straßenbaustelle und dahinter eingezäuntes Militärgelände. Wir mussten also zwei Kilometer zurück und auf die Hauptstraße, von der aus wir dann auch das Atomkraftwerk Leibstadt sahen, das sich schon lange durch die große Dampfwolke aus dem Kühlturm angekündigt hatte.

Hinter einem Ort mit dem schönen Namen Mumpf fuhren wir in einer Siedlung ans Wasser und setzten uns auf eine schattige Bank, um Brotzeit zu machen. Von einem kleinen Hochstand im Fluss sprangen Jungs ins kühle Nass, ganze Familien mit Kindern in Schwimmwesten liefen an uns vorbei flussaufwärts und kamen alsbald wieder heruntergeschwommen. Eine Frau paddelte auf einem Board stehend hinauf und herunter, ihr kleiner Bub saß ruhig vorne auf dem Brett.

Danach wurde unser Weg für eine Weile wirklich ätzend, denn er führte in sengender Hitze an einer lärmenden Autobahn entlang. Es folgte eine ruhigere Landstraße, auf der kilometerweit in gelber Farbe Fahrradstreifen abmarkiert waren. Im Landkreis München beantragen wir das gerade mühsam.

In Rheinfelden wechselten wir wieder auf die deutsche Seite und gönnten uns ein Eis. Nach wenigen Kilometern befanden wir uns zwar immer noch auf der gleichen Rheinseite, aber jetzt wieder in der Schweiz und auf diese Weise passierten wir noch zweimal die Grenze, bis wir, nach einem letzten mühsamen Anstieg unser Quartier in Weil am Rhein erreicht hatten.

Die Frau des Hauses klagte ausgiebig über Probleme mit ihrem WLAN, unser Zimmer ist ein wenig eng, aber es gibt Utensilien, um sich ein Frühstück zu machen und wir konnten prima duschen. Danach brauchten wir nur um die Ecke zu gehen, um internationale kulinarische Auswahl zu haben. Wir wählten einen Türken, der gute Pizza hatte und offenbar berühmte Steaks zu braten wusste, denn die wurden an den Nachbartischen eifrig bestellt und verzehrt.

Es gab wohl nicht viele Gäste im Lotus Garden, jedenfalls haben wir beim Frühstück nur eine einzelne Frau gesehen und einen abgegessenen Familientisch. Die Semmeln waren sehr knusprig aufgebacken und die Bedienung der Kaffeemaschine war unübersichtlich, so dass es Friederike bei dem Wunsch, eine etwas größere Tasse zu füllen, fast erging, wie Goethes Zauberlehrling. Unsere Fahrräder parkten unter der Fluchttreppe und über diese verließen wir schließlich das Haus. Bezahlt hatten wir bereits am Vorabend.

Im Abwärtsschwung ging es dem Rhein zu. In Büsingen gab es Hefezopf als Proviant zu kaufen, dann ging es weiter nach Schaffhausen zum Spar. Auf dem kleinen Platz davor gab es einen blumengeschmückten Brunnen, aus dem Einheimische so selbstverständlich tranken, dass wir uns auch trauten und unsere Flaschen füllten. Ein anderer Radler, Typ Normalbürger mit einem Helm auf dem Kopf, auf den mein Wort von der "entstellenden Spaßbremse" in ganz besonderer Weise zutraf, umschlich den Brunnen und spähte offensichtlich nach einem Schild, das ihm die Wasserentnahme eindeutig genehmigen oder verbieten würde. Am Ende ließ er sich gehen und füllte seine leere Mineralwasserflasche. Auch dieser Tag versprach ja, sehr heiß zu werden. In Neuhausen ging es zunächst, einer nicht ganz verständlichen Wegweisung folgend, steil hinauf und dann wieder ebenso steil hinab zum Rheinfall, wo wir uns unter die zahlreichen Touristen aus aller Herren Ländern mischten, die Fotos und Selfies machten. Der Rummel zog sich eine ganze Weile am Ufer hin, samt Bootsfahrten und Bähnle und Krimskram, dann ging es wieder steil hinauf nach Beringen.

Fernab unten im engen Tal floss der Rhein dahin, wir mühten uns über die Höhen und waren froh, dass der Himmel sich für einige Zeit bedeckte, so dass es weniger heiß war. In der Ferne hörten wir von mehreren Seiten Gewittergrollen, aber von Unwetter blieben wir selbst glücklicher Weise verschont. Später wurde es dann auch wieder klar, sonnig und heiß, so dass wir uns in eine Flussaue oder einen Wald gewünscht hätten. Immerhin fanden wir bei Hallau eine Schattenbank zwischen Bäumen an einem fischreichen schmalen Bächlein, wo wir Brotzeit machen konnten.

In Lauchringen schließlich besorgten wir bei einem Edeka zwei große Flaschen Wasser, für den Fall, dass es am folgenden Sonntag weder Brunnen noch offene Läden geben sollte. Unser Wasserverbrauch an diesen ungewöhnlich heißen Tagen ist wirklich enorm. Es hat meist über dreißig Grad, die Wiesen sind braun, Mais und Gemüse vertrocknen auf den Feldern, wie anscheinend in ganz Deutschland ist das einer der trockensten Sommer seit je her. Die Bauern fordern Subventionen und die GRÜNEN eine Abkehr von der klimaschädlichen industriellen Landwirtschaft.

Zum Schluss ging es noch einmal kräftig aufwärts, dann hatten wir unser Tagesziel erreicht. Das Hotel, das wir über Booking.com gefunden hatten, war ein ziemlich großes Haus, das erst seit sehr kurzer Zeit von einem jungen Griechen geleitet wurde. Am Abend speisten wir im hauseigenen Lokal, leider nicht griechisch, sondern in mäßigem bayerischen Wirtshausstil, bis auf einen kleinen Teller mit den üblichen Vorspeisenpasten, Peperoni und Oliven, einen gebackenen Feta, den der Koch extra für Friederike bereitete und eine siruptriefende Nachspeise. Vor der Tür saß noch ein weiteres Paar, sonst waren keine Gäste im Lokal. Wir liefen noch die paar Meter bis zum großen Kreisverkehr, überzeugten uns, dass es in keiner Richtung einen sehenswerten Ort gab und gingen schon recht früh auf unser Zimmer.

Wir hatten eine sehr ruhige Nacht und mussten auch nicht oft den Weg zur Toilette ein Stockwerk tiefer antreten. Auch das Gemeinschaftsbad war bald frei und zum Frühstück war an einem großen Tisch für alle Gäste gedeckt, so dass wir gleich mit einem Ehepaar aus der Schweiz, drei asiatischen Studenten und einem radelnden Holländer ins Gespräch kamen. Es gab hausgemachtes Bircher Müsli und allerlei ebenfalls hausgemachte Marmeladen. Im Garten hängte einer der Wirte bereits Wäsche auf.

Wir zahlten, dankten, fuhren um Proviant zu einem Supermarkt am Bahnhof und radelten dann am See entlang los. Der Weg verlief allerdings nicht immer unmittelbar am See, sondern oft auch entlang der Eisenbahn, die er häufig querte. Bei Münsterlingen nahm Friederike ein Bad. Konstanz passierten wir nur am Rand, ohne in die Stadt hineinzufahren. Bei Ermatingen machten wir Pause am Kai und kurz hinter Berlingen fanden wir zur Brotzeit eine schattige Bank am See, von dem her ein kühlender Wind wehte.  Es war heiß wie an den Vortagen und der weitere Weg war fast immer schattenlos, so dass uns die Hitze zu schaffen machte. Das Gelände war meist eben mit nur wenigen und meist kurzen Anstiegen.

Wir kamen durch einige wunderschön malerisch Orte mit gepflegten alten Fachwerkhäusern und erreichten schließlich Diessenhofen, wo wir auf einer alten Holzbrücke wieder ganz schrankenlos und unbewacht aus der Schweiz nach Deutschland einreisten. In Gailingen am Hochrhein, auf der deutschen Flusseite mussten wir noch einen steilen Weg hinauf schieben, der zwar geteert, aber wegen der enormen Steigung einem Hinweisschild zufolge nur für trittsichere Fußgänger vorgesehen war. Vor unserem Hotel, Lotus Garden, mussten wir noch eine Weile warten, denn es wurde erst um 17:30 Uhr geöffnet. Eine freundliche und sehr geschäftige Asiatin ließ uns schließlich ein und wir bekamen eine kleine "Suite" aus einem Wohn- und einem Schlafzimmer, diesmal wieder mit eigenem Bad und Klo.

Im Restaurant des Hauses bekamen wir schmackhaft und reichlich aus der asiatischen Küche serviert. Einige der Gäste um uns herum schienen dem Habitus nach Patienten einer nahen neurologischen Reha-Klinik zu sein. Nach dem Essen suchten und buchten wir noch Unterkunft für die nächsten Tage und dann zogen wir uns in unser ziemlich heißes Wohnzimmer zurück, wo auf einer Schnur zwischen Schrank und Gardinenstange unsere frisch gewaschene kleine Wäsche baumelte. Im Schlafzimmer waren unterdessen alle Fenster geöffnet, um kühle Abendluft hereinzulassen.

Wir hatten eine ruhige Nacht in unserem Kellerzimmer. Frühstück gab es nicht und so waren wir auch bald aus dem Haus. Die Wirtin hatte gesagt, es gäbe gleich an der Hauptstraße eine Bäckerei, aber wir suchten vergebens, bis sich herausstellte, dass mit "gleich" gut drei Kilometer gemeint waren. Immerhin gab es die Bäckerei, irgendwo einsam an der Landstraße, und wir kehrten ein und aßen gemeinsam drei süße Teilchen, jeweils die letzten ihrer Art in der Auslage, zu je einer kleinen Tasse Kaffee.

Nach dem heftigen Gewitter, das in der Nacht noch niedergegangen war, begann der Tag etwas kühler als die zuvor und wir hatten auch keine besonders weite Strecke geplant und es ging schon bald in einer schönen langen Abfahrt hinunter an den Bodensee. Wir schoben noch einen Abstecher auf die Lindauer Insel ein, tranken gegenüber dem Leuchtturm Kaffee und amüsierten uns mit einer arabischen Familie nebenan. Eine der drei Töchter hatte offenbar die App Boomerang auf ihrem Telefon und der Vater zeigte uns die soeben aufgenommenen kurzen Videosequenzen, auf denen er fortlaufend drei Schritte vor und zurück machte oder, in ebensolcher Wiederholung, die Mutter küsste. Bei einem Supermarkt hielten wir dann noch an, um Proviant zu kaufen und während ich am Parkplatz im Schatten eines Baumes wartete, sprach mich eine Bikerin aus Thüringen an, die ihre feuerstuhlartig bemalte Harley vor dem Laden geparkt hatte und nicht ganz konsistente Geschichten über ihre Fahrt erzählte.

Wir verließen Lindau, wie wir gekommen waren, und fuhren dann weiter am See entlang südwärts. Bei Lochau gab es eine kleine öffentliche Badestelle, an der wenige Paare ihre Handtücher ausgebreitet hatten und Friederike nahm ein Bad im See. Sie fand es sehr erfrischend, während uns ein älteres Paar aus St. Gallen, das auch mit Rädern unterwegs war, erklärte, der Bodensee sei jetzt eigentlich zu warm. In Windungen uns Schnörkeln ging es weiter am See entlang. Bei Hart machten wir auf einer Bank an einem Kanal Brotzeit. Bei Gaißau zwang uns ein weiterer Kanal zu einem gehörigen Umweg. In Rorschach setzen wir uns für eine Weile auf eine Bank am See. Dann begann sich der Weg zu ziehen, denn durch den Abstecher nach Lindau und den Umweg am Kanal hatten wir die errechneten 60 km schon weit überschritten und als wir in der Villa Grazia in Romanshorn ankamen, hatten wir stolze 75 km hinter uns und waren etwas angestrengt. Fast ohne es zu bemerken, hatten wir irgendwo unterwegs ohne Kontrollen und Schlagbäume Österreich passiert und die Schweiz erreicht.

Das Zimmer ist, wie die ganze Gegend, ziemlich teuer, obwohl wir uns das Bad mit anderen Gästen teilen müssen und die Toilette ein Stockwerk tiefer liegt. Aber der Empfang war nett und die Belegschaft des Hauses erwies sich als fröhliche Männergesellschaft.

Auf Empfehlung gingen wir zum "Schäfli" essen, wo ein Inder einheimische schweizer Kost serviert und sich enthusiastischer Gäste erfreut. Ich bekam zwar nicht das Gericht, das ich bestellt hatte, sondern Bodensee-Felchen, wie Friederike, aber zum Ausgleich danach noch eine Portion deftige Rösti mit Speck. Danach gingen wir noch zum Seefest, wo auf mehreren Bühnen laute Rockmusik ertönte und in einem Zelt Sommerschnulzen zum Besten gegeben wurden. Die Zelte, Buden und Fahrgeschäfte waren allerdings an diesem Abend wenig besucht und die Schausteller hingen oft gelangweilt herum.

Wir gingen noch ans Ende des Kais uns sahen der Dämmerung zu, dann wandten wir uns wieder zum Hotel, wo eine fröhliche Männerfeier im Gang war.

Als wir kaum im Zimmer waren, klopfte es und vor der Tür standen die Wirte mit einem kleinen Tablett, darauf ein Piccolo im Sektkübelchen, zwei Gläser, eine Schale Nüsschen und ein Zettelchen mit "Happy Birthday - Remo und Dani", denn auf dem Meldezettel war Friederikes Geburtstag aufgefallen. Leider stürzte ein Glas ab und Dani musste kehren, aber das Geburtstagskind hat sich über die nette und etwas beschwipste Geste sehr gefreut.

Bis auf ein gleichmäßiges Geräusch von der Brauerei, an das man sich gut gewöhnen konnte, hatten wir eine ruhige Nacht. Nur die Bettdecken waren etwas zu heiß und ganz ohne war es zu kühl. Zum Frühstück gab es kein Buffet, sondern sorgsam abgezählte, aber reichliche Portionen und die ausdrückliche Aufforderung, die Reste an Semmeln, Wurst und Käse einzupacken und mitzunehmen.

In Immenstadt hielten wir nach einer Suchrunde bei einem türkischen Supermarkt und Friederike kaufte Joghurt und ein großes Stück Wassermelone. Wir passierten den kleinen und den großen Alpsee und genossen die schönen Aussichten.

In Malleichen machten wir in einem netten Biergarten Halt und gönnten uns Apfelschorle. Hinter Eglofsheim kamen 100 Höhenmeter Steigung, die uns in der Hitze schwer zu schaffen machten und viele Pausen erforderten. So hatten wir Zeit, auf halbem Weg das nette Schloss Syrgenstein zu betrachten und etwas weiter einigen Kalbinnen zuzusehen, die, wie Rinder und Pferde das häufig tun, eng beieinander standen und sich gegenseitig mit ihren Schwänzen die Fliegen aus dem Gesicht scheuchten.

Mit diesem Anstieg war der letzte Höhepunkt der Tagesetappe erreicht und nun ging es meist bergab, teils in rasanten Schussfahrten, dann wieder gemächlicher, aber leider gab es doch auch immer wieder kleinere Anstiege, so dass wir froh waren, am Ende unsere Bed&Bike in Hergensweiler zu erreichen.

 

Da hatten wir ein geräumiges Zimmer mit Bad im Souterrain, konnten nebenan Wäsche waschen und sie hinter dem Haus an einem geschützten Platz aufhängen und gingen dann bei fernem Donnergrollen zu einem nahen Italiener in einem alten Dorfgasthaus essen. Erst nahmen wir im Garten Platz, aber da begann es ungemütlich zu werden und wir zogen nach drinnen. Die Pizza bzw. Calzone war ganz ordentlich, die Bedienung etwas langsam. Am einem großen Tisch spielten sieben Frauen und ein Mann Karten. Mit der Zeit kamen noch Leute mit vielen Kindern herein und es wurde recht laut. Wir wollten auch noch trocken heimkommen und so zahlten wir bald. In unserem Kellerzimmer planten wir noch die nächste Etappe und buchten eine  Unterkunft, dann gingen wir zu Bett. Draußen plätscherte ein kräftiger Gewitterregen nieder.

Die in kurzer Entfernung vorbeiführende Straße sorgte gegen Morgen für einigen Lärm, so dass wir noch eine Weile bei geschlossenem Fenster weiterschliefen. Beim Frühstück lange Wege zwischen unserem Tisch und dem in einem anderen Raum aufgebauten Buffet, das aber an Auswahl nichts zu wünschen übrig ließ. Wenn es angeboten wird, frühstücke ich gerne auch mal Rührei und Speck. Etliche kleine Kinder sorgten für akustische Untermalung.

Die späte Checkout-Zeit ließ uns trödeln und so verließen wir das Haus mit den Sinn- und Unsinnssprüchen, die anstelle von Bildern an die Wände gemalt waren, erst gegen Elf Uhr. Über uns kreisten bereits die Gleitschirmflieger, die auf einer nahen Wiese ihren Landeplatz hatten. Wir fuhren über weite Felder und sahen, wieder im Dunst, wie schon vor zwei Jahren, das Schloss Neuschwanstein liegen. In Schwangau lockte ein Trigema-Outlet zum Kauf von Unterwäsche, in Hohenschwangau herrschte dichtes Gedränge von Bussen und Touristen zu Fuß, die uns auch noch im Weiterfahren in der Aue von ihren weit abgelegenen Parkplätzen her entgegen kamen. Der Forggensee war bis auf ein weit entferntes Rinnsal leer, sein nackter Grund erstreckte sich in der gleißenden Sonne hell wie die Solfatara. Ein großes Ausflugsschiff lag ohne Wasser an der Anlagestelle.

Ein Stück weit folgten wir der Hauptstraße, dann kam ein recht steiler Aufstieg und bald gelangten wir zum Touristengetümmel am Hopfensee, wo sich ein Gastronomiebetrieb an den anderen reiht. Etwas weiter, in Hopferau, hatten wir vor einigen Jahren am Beginn unserer ersten Alpenüberquerung bei einem Metzgereigasthof schäbiges Quartier genommen. In Speiden machten wir Rast unter Bäumen bei einer Kirche, wo wir schon vor zwei Jahren einmal pausiert hatten. In Nesselwang kauften wir Wasser. Unser Trinkbedarf bei über dreißig Grad war enorm. Bei diesen Temperaturen war auch der nun folgende Anstieg auf etwa 1000 Höhenmeter kein Kinderspiel und nur mit zahlreichen Pausen zu schaffen. Am Ende ging es wieder in einigen rasanten Fahrten abwärts und wir erreichten schließlich Rettenberg, wo wir telefonisch reserviert hatten. Wir mussten eine Weile auf unseren Wirt warten und bekamen dann ein ordentliches großes Zimmer mit Balkon und Blick auf die großen Gärtanks des Engelbräu.

Gutes Abendessen und etwas zu viel Tamtam des umtriebigen Wirts gab es beim gut besuchten Italiener gegenüber dem Gästehaus, in dem wir vor zwei Jahren einmal übernachtet hatten. Damals hatte er gerade recht bescheiden angefangen. Der Tag war enorm anstrengend gewesen und so fielen wir schon ungewöhnlich früh ins Bett.

Die Bahnhofstraße wurde gegen Morgen etwas laut, aber nach Schließen des Fensters konnten wir weiter schlafen. Das Frühstücksbuffet im Hotel Waltraud war gut bestückt mit allem, was das Herz begehrt. Wir ließen uns Zeit und waren schließlich erst um Elf Uhr wieder auf der Straße. Etwas spät, zugegebenermaßen, denn kamen wir in den vollen Genuss der Mittagshitze. Ganz Deutschland jammert gerade über die Temperaturen. Die Bauern wollen eine Milliarde Euro Ausgleich für Ernteverluste. So schlimm ist es bei uns nicht, eigentlich mögen wir es ganz gerne, wenn es warm ist. Man muss halt etwas langsamer tun.

Wir folgten dem Bodensee-Königssee-Radweg weiter in umgekehrter Richtung, wir kamen durch Großweil, passierten das Gestüt Schwaiganger, dann Ohlstadt. Im Eschenlohe gab es einen Brunnen, aus dem in einem dünnen Rinnsal Trinkwasser floss. Unter den Bäumen daneben machten einige Radler Rast. Wir füllten nur unsere Flaschen auf und fuhren weiter, nun aus dem Tal der Loisach hinaus und ansteigend Bad Kohlgrub zu. In der Sommerhitze machte das Bergaufradeln durstig und so holten wir bei einem Edeka zwei große Flaschen Wasser und füllten sie gleich um in unsere Trink- und Vorratsflaschen. Im Laden hing in etwas altmodischer Schrift der Hinweis, dass zwischen 7 und 17 Uhr Schule sei und dass an Kinder und Jugendlliche, egal ob 14, 16, 18 oder 21 Jahre alt, kein Alkohol verkauft würde. Gezeichnet: Eure Schule und der Inhaber.

Hinter Altenau passierten wir das Haus, wo wir im vergangenen Jahr einmal von einer ziemlich betrunkenen älteren Frau beherbergt worden waren, kamen dann nach Unternogg mit seinem schönen Biergarten, wo wir eine Weile Halt machten. Weiter drinnen im Garten saß eine große Gruppe älterer Soldaten in Arbeitsmontur beim Essen. Auch eine Soldatin mit langem blondem Zopf war dabei. Hier soll schon König Ludwig eingekehrt sein und die Straße, auf der wir gekommen waren und anschließend weiter fuhren, hieß "Königsstraße". Sie wurde nun ziemlich holprig und ansteigend, so dass es nur langsam und mit Pausen voranging. Allerdings verlief dieses Teilstück meistens im Wald, so dass wir Schatten und etwas Kühlung hatten.

Bei Unterreith erreichten wir die Bundesstraße und kamen, nun abwärts fahrend, bald nach Trauchgau, unserem Tagesziel. Der Wirt der Unterkunft, die wir über Booking.com gebucht hatten, hatte uns schon vor Tagen per Mail zu fragen begonnen, wann wir denn ankämen. Heute hatte er auch noch angerufen und von Unternogg aus hatte ich mit ihm telefoniert. Er sei bei der Arbeit und es sei nur seine Frau da, hatte er mir in gebrochenem Deutsch erklärt. Als wir an der angegebenen Adresse läuteten, öffnete uns eine stark erkältete deutsche Frau, die nichts von einer Unterkunft in diesem Haus wusste. Der Gastgeber war nun auch telefonisch nicht mehr zu erreichen und ich wandte mich an die Hotline von Booking. Nach einer Wartezeit, in der man versuchte, den Wirt doch noch zu kontaktieren, erhielten wir schließlich ein bedeutend teureres Zimmer im Hotel Bannwaldsee, sechs Kilometer weiter in Buching.

Das alles hatte seine Zeit gedauert und so ließen wir uns zunächst im freundlichen Gasthof zum Herz in Trauchgau zum Abendessen nieder, speisten beim Sonnenuntergang auf der Terrasse und fuhren dann, schon bei beginnender Dunkelheit, das letzte Stück. Das Hotel war recht groß, mit Reisebussen und vielen Autos davor. Unser Zimmer, die "Junior-Suite", sehr geräumig am Ende eines langen Ganges, wohin das WLAN leider nicht reichte. Wir mühten uns noch eine Weile mit der Unterkunftssuche für die nächste Etappe und gingen dann, nicht weit vor Mitternacht, ohne unmittelbaren Erfolg, aber mit ein paar aussichtsreichen Telefonnummern auf einem Zettel, zu Bett.

Letzten Sommer waren wir mit dem Zug nach Berlin gefahren und von dort aus geradelt, im Frühjahr hatte uns ein unbequemer Bus in einer langen Nachtfahrt nach Lyon gebracht, diesmal wollten wir wieder mit den Rädern gleich von der Haustür weg starten, ohne Zeit- und Fahrplandruck, auch wenn es dann oft ein Wenig länger dauert, bis wir los kommen, selbst wenn die Packtaschen schon am Vorabend fertig da stehen. Aber es ist ja Urlaub.

An diesem ersten Tag ließen wir uns einfach mal vom Navi führen und das wies uns den Weg über die Kugleralm nach Straßlach, dann steil hinunter nach Mühlthal, wo wir uns sonst, auf unseren Tagestouren, meistens in Gegenrichtung aufwärts mühen, und schließlich weiter durch die Pupplinger Au.

Über Gelting kamen wir am Loisach-Isar-Kanal entlang nach Beuerberg, wo wir auf einer Bank im Klosterhof Rast und Brotzeit machten. Immer in der Nähe der Loisach, teils auch auf dem Flussdamm, ging es weiter nach Bichl und schließlich nach Benediktbeuern. Der Tag war heiß und die erste Etappe mit voll beladenen Rädern auch recht anstrengend, so dass wir uns gerne am Rand des Biergartens zu einem Trunk niederließen. Neben uns flickten zwei Männer, wie sie sagten zum wiederholten Mal an diesem Tag, das eher für glatte asphaltierte Straßen geeignete Rad eines Kumpels.

Wir blieben eine Weile und fuhren dann, das Bergpanorama mit der Benediktenwand vor uns, auf Kochel zu. Da hatten wir im Hotel Waltraud gegenüber dem Bahnhof gebucht. Der Empfang freundlich, das Haus voll belegt mit Feriengästen, unser Zimmer mit einem kleinen Balkon zur Bahnhofsseite, das Bad eine ziemlich winzige Einbau-Nasszelle. Ich duschte einigermaßen kühl, um das Schwitzen zu beenden.

Später fuhren wir ein kurzes Stück in den Ort hinein und landeten beim Gasthof zur Post. Draußen waren alle Tische belegt, also nahmen wir drinnen Platz und nutzten die reichliche Zeit, die uns der Service ließ, zur Beobachtung der anderen Gäste. Neben uns ein Elternpaar mit einem erstaunlich sprachbegabten und aufgeweckten Schulanfänger. Sein bester Satz: "langsam reicht es mir jetzt mit Euch". Etwas weiter ein nettes junges Pärchen, das kaum voneinander lassen konnte und später noch ein älterer Mann mit einer jungen Afrikanerin. Er bestellte für beide gebräunten Leberkäs mit Spiegelei und Kartoffelsalat und erklärte ihr sodann in mäßigem Englisch irgendwelche komplizierten Sachverhalte über das Leben in Deutschland. Die Plätze der Familie nahmen später ein Mann mit amerikanischen Akzent und eine Asiatin ein. Alle, bis auf das junge Paar unterhielten sich so laut , dass man ihre Gespräche unweigerlich mithörte, und die verschiedenen Sprachen und Themen ergaben zusammen mit dem Reden und Geschirrklappern der Kellnerschaft die Klangkulisse eines avantgardistischen Hörspiels. Ich schrieb, Friederike las auf dem Tablet Zeitung und als sich dann doch die Müdigkeit durchsetzte, fuhren wir das kurze Stück zurück ins Hotel und setzten uns noch eine Weile auf den kleinen Balkon mit Blick auf den um diese Zeit ziemlich verwaisten Bahnhof.