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Der Morgen begrüßte uns mit aufklarendem Himmel, es war kühl, aber es sollte den ganzen Tag über trocken bleiben, wenn man von ein paar unbedeutenden Tropfen absieht. 

Wir folgten dem Radweg "Romantische Straße", machten einen Abstecher zur Liebfrauenbrunnkapelle zwischen Werbach und Werbachhausen, verzichteten aber darauf, an der Quelle unsere Flaschen zu füllen, denn dort, im Keller unter der Kirche, zog ein Mann das Wasser auf zahlreiche Schraubdeckelflaschen, als wollte er damit Handel treiben. Wir fuhren weiter und fanden in Wenkheim einen kleinen Laden, in dem wir Wasser und anderen Proviant kaufen konnten.

Mit der Zeit kamen mehr Steigungen, die aber meist ganz gut zu fahren waren und durch schöne Panoramablicke und genussreiche Abfahrten belohnt wurden. Erst unerwartet spät wurde es städtisch und dann waren wir schon in Würzburg, fuhren ein wenig herum, setzten uns am Main in die Sonne, um uns nach den kühlenden Abfahrten aufzuwärmen, aber da war es zugig.

So richtig warm wurde uns erst über der Residenz, wo wir eine ganze Weile in der Sonne saßen und den zahlreichen Jugendlichen zusahen, die mit ihren Smartphones Pokémons jagten.

Die Tagestour war heute nur kurz, aber dafür machen wir einen sehr netten Besuch und einen Tag Pause.

Im Engel in Krumbach geht es freundlich, sauber und ordentlich zu, auch wenn sich an Haus und Ausstattung seit den 1960ern nicht allzuviel geändert haben dürfte. Fenster, Beschläge, Lichtschalter, Badarmaturen, Fliesendekor, weckten nostalgische Erinnerungen. Wir bekamen eine Familiensuite mit separatem Kinderzimmerchen, in dem ein Stockbett stand. Waschbecken und Dusche waren witziger Weise im Elternzimmer. Die Toilette separat, aber ohne Fenster oder Ventilation. Die Sitzentlüftung war nur noch Deko. Das ganze Stockwerk wirkte etwas ungelüftet. Wir schliefen gut, bis neben dem Haus mehrmals lautstark die Türen eines Lieferwagens betätigt wurden. Morgens wurde das Wasser nicht richtig warm. Das Frühstück war redlich.

Zum Start unterlief mir ein Navigationsfehler, weil mich der Umstand verwirrte, dass wir am Vorabend schon einmal quasi hin und zurück durch den Ort gefahren waren. Nach morgendlichem Regen wurde es bald so hell, dass wir unsere Sonnenbrillen brauchten. Wir kamen an einem Edeka-Großmarkt vorbei, wo wir Bananen und Wasser kaufen konnten, denn das Wasser aus dem Hotel hatte uns nicht behagt. Vor mir an der Kasse eine junge Mutter mit einem quengeligen Jungen in brasilianischem Fußballtrikot, der Einkaufswagen voll mit Sachen, die ich im Leben noch nie gekauft hatte. Alles aus der Fernsehwerbung, ein großer Teil Verpackungsmüll. Im Weiterfahren unterhielten wir uns über das Versagen des Bildungssystems angesichts der heutigen Informations- und Werbewelt.

So gelangten wir wieder auf den Odenwald-Madonnen-Radweg und die Wanderbahn und fuhren mit mäßiger Steigung und gelegentlichen Gefällen durch schattigen Mischwald dahin. Nur in einigen Ortschaften war die Trasse unterbrochen und wir mussten etwa mehr klettern. Schließlich verließen wir die gemächliche Bahntrasse und stiegen weiter auf. Oberhalb von Mudau entdeckten wir eine alte Richtstätte, wo man den Galgen zur Anschauung restauriert und eine Informationstafel aufgestellt hatte. Man sah von diesem Platz aus weit über das Tal und dieser landschaftliche Reiz kontrastierte seltsam mit der grausigen Geschichte dieses Ortes.

Im Weiterfahren kamen wir an einen Platz mit einer Bank, von dem aus wir einen schönen Blick auf die Ortschaft Hollerbach hatten und auf die Windräder auf den dahinter liegenden Hügeln. Daneben gab es eine der vielen Blühflächen, die uns in dieser Region begegneten. Dominiert von Sonnenblumen waren das wunderschöne, duftende und von Insekten bevölkerte Äcker, die immer wieder auftauchten.

In Walldürn bemerkenswert die Häuser aus rotem Sandstein, der offenbar in einem Steinbruch ganz in der Nähe gewonnen worden war. In Hardheim gönnten wir uns einen Milchkaffee, staunten über eine mitten in der Landschaft aufgestellte Ariane-Rakete, die, wie wir später recherchierteb, dem hier geborenen Raumfahrtpionier Walter Hohmann gewidmet ist. Dann hatten wir bald den Punkt erreicht, ab dem es fast nur noch, zum Teil in herrlichen schnellen Fahrten, bergab ging, bis wir am Rand Tauberbischofsheim den Übergang zum Radweg "Romantische Straße" erreichten, dem wir von da an folgen wollten.

Die Altstadt von Tauberbischofsheim gefiel uns gut und wir machten einen Schlenker durch die Fußgängerzone, bevor wir wieder hinaus fuhren in das sieben Kilometer entfernte Hochhausen, wo wir übernachten wollten. Das Landhotel Garni am Mühlhlenwörth war schnell gefunden. Wir duschten und machten uns bald wieder auf in den Nachbarort Werbach, wo wir in der Pizzeria Mondo Mio recht gut zu essen fanden.

Heute wurden wir schon recht früh vom Tatü Tata eines Krankenwagens geweckt. Bis dahin war die Nacht im Orakel angenehm ruhig gewesen. Zum Frühstück gab es Semmeln, Wurst, Käse und Marmelade, serviert von einer runden und redseligen Frühstücksdame, die uns beschwor, doch ja noch Brotzeit einzupacken, dazu auch noch extra Semmeln und Käse und Papiertütchen brachte, sowie zwei Bananen. Schon der zweite Tag, an dem wir förmlich genötigt werden, etwas einzupacken. Sonst gibt es immer Schilder, die das ausdrücklich verbieten. 

Während wir frühstückten, unterhielt sie uns mit Geschichten über das Lokal und das Zusammenleben im Ort, in dem es nicht nur Griechen gebe, sondern auch viererlei Untergruppen von Türken, sowie Albaner, Rumänen und Leute anderer Herkunft. Recht multikulti und ziemlich problemfrei. Einige große Arbeitgeber in der Gegend hätten dieses Völkergemisch angezogen.
Solchermaßen informiert, verköstigt und proviantiert machten wir uns fertig und auf den Weg, während im Garten des Lokals schon wieder für das Mittagessen hergerichtet wurde.
Wir folgten zunächst dem Alb-Neckar-Radweg und sahen Weinberge mit Burgen obenauf. Es ging im Tal des Flüsschens Schozach entlang.
Bei Heilbronn erreichten wir den Neckarradweg und fuhren flussabwärts. Die Flusslandschaft war nun von Industrie geprägt und von Großkraftwerken, zu denen lange Lastkähne Kohle herbeischafften. Später wurde es wieder etwas beschaulicher und das Tal weitete sich.

Heute war Baustellen-Tag. Einmal mussten wir einen kleinen Umweg fahren, weil für ein Volksfest aufgebaut wurde. Diesen Grund und den alternativen Weg mussten wir allerdings selbst herausfinden. Das Trassenstück war einfach ohne Hinweis und Erklärung durch eine  Barriere gesperrt. Später entdeckten wir, dass vorwitzigere Radler die Sperrung ignoriert hatten und gut durchgekommen waren. Ein andermal erwies sich der Weg als durch Bauarbeiten auf eine lange Strecke unpassierbar. Da gab es zwar einen lakonischen Richtungspfeil, der eine lange Steigung hinauf wies, aber bei frühzeitiger und ordentlich erklärender Warnung hätte man eine weiträumige ebene Umfahrung finden können. Der dritte Fall war eine ruhende Baustelle. Da war zwar die Straße aufgebrochen und uneben, aber durch Baufahrzeuge so weit verdichtet, dass man problemlos durchkam, wenn man sich traute, die Beschilderung zu ignorieren. Zwar lag Baumaterial bereit, aber es gab keinerlei Aktivitäten, die man hätte stören können und keinerlei Gefahr. So sparten wir uns eine Umfahrung mit erheblicher Steigung.

Bei Obrigheim verließen wir den Neckar und wechselten auf den Odenwald-Madonnen-Radweg (den Namen haben wir nicht verstanden). Er führte zunächst am Flüsschen Elz entlang und verlief ab Mosbach als "Wanderbahn"-Route ganz sanft ansteigend auf einer ehemaligen Bahntrasse. So kletterten wir ganz gemächlich von 140 auf über 390 Meter Höhe, meist durch schattigen Wald mit gelegentlichen Strecken in offener Landschaft, wo wir weite Ausblicke genießen konnten.

Die Länge des Weges und die kontinuierliche Steigung forderten unsere inzwischen gewonnene Kondition erneut heraus und der Abschluss war etwas misslungen, denn wir landeten zunächst im Lindenweg in Limbach, statt in der Lindenstraße in Limbach-Krumbach und mussten nochmal zweieinhalb Kilometer ab- und aufwärts zurück. Das Hotel Engel war gediegen, das zugehörige Western-Event-Restaurant aber hatte Ruhetag, so dass wir abends erneut einen Kilometer weiter zu einem Campingplatz mussten, wo es ein Restaurant gab. Dort war das Publikum prolletisch, das Ambiente rosa, wie Minirock und Fingernägel der Wirtin und die Speisen einfach, aber essbar.
Im Hotel duschten wir noch kurz und planten dann die weitere Reise. Dabei stellte sich letztlich heraus, dass es bis nach Würzburg noch über 100 km sein werden. Zu viel für einen Tag, so dass wir noch ein Hotel in Tauberbischofsheim gebucht haben.

Weder vom Glockengeläut noch von Enten oder Gänsen geweckt, konnten wir gut ausschlafen in der Krone. Als wir uns frisch gemacht hatten, war auch das Federvieh von gegenüber wach und begehrte hinter der kleinen Gittertür des Stalls schnatternd seine Freilassung. Eine Frau erschien und öffnete wieder per Seilzug die Tür, alle stürzten schnatternd heraus und steckten gemeinsam mit wackelndem Bürzel ihre Köpfe in einen bereit stehenden Futternapf. Nach einer Weile lösten sich die ersten, watschelten die Stufen zum Wasser hinab und schwammen quakend herum. Wir gingen zum Frühstück. Das war gediegen, wie alles sonst in dem Haus. Wir zahlten, sprachen unser Lob aus, das erfreut entgegen genommen wurde, dann packten wir, beluden unsere Räder und fuhren ab. Das Wetter verprach warm zu werden, ein Tag für kurze Radlerhosen.

Unser Weg folgte zunächst weiter dem Kocher, ab Unterrot dann flussaufwärts der Rot. Nun waren wir auf der Stromberg-Murrtal-Route. Wir fuhren zunächst meist auf straßenbegleitenden Radwegen. Es herrschte reger Freizeitverkehr von Cabrios, PKW, Motorrädern, sogar einer Parade älterer Traktoren und natürlich auch Radlern, selten auf langer, meist eher auf kürzerer Tour, vielfach mit Elektromotor.
In langem aber gut zu fahrenden Anstieg verließen wir bald wieder das Tal der Rot und wechselten, abwärts fahrend, in das der Murr. Wie schon am Vortag führte der Weg bisweilen durch Gewerbegebiete, nicht immer war der Beschilderung klar zu entnehmen, um welche Radroute es sich jeweils handelte, aber mit dem GPX-Track im Navi war der richtige Weg immer leicht zu finden.

Es gab noch einige kräftige Steigungen, eine davon erzwungen durch die Sperrung einer Brücke, auf der auch am Sonntag gearbeitet wurde. Dafür konnte man von oben auf die Landschaft schauen, auf deren Höhen immer wieder Burgen zu entdecken waren.

In Zell, bei Oppenweiler, machten wir Pause in einem kleinen Pavillon, in dem noch Reste einer minimalistischen WM-Dekoration hingen. Auf dem Becken des dazugehörigen Trinkwasserbrunnens stand "Dorferneuerung Zell". In der Nähe musste wohl ein Kind mit dem Fahrrad verunglückt sein, denn wir sahen einen Krankenwagen und daneben ein kleines Rad und einen Rucksack. An unserem Rastplatz bog der Wagen später in eine Gasse der Siedlung ein. Vielleicht wurde das Kind nach Hause gebracht. Wir passierten Backnang, auch das einer der oft gehörten Ortsnamen, die uns nun, auf dieser Reise begegnen.

Da wir in diesen Tagen oft in Flusstälern fahren, kommen wir oft auch an Kläranlagen vorbei. Flussabwärts kündigen sie sich oft durch intensiven Geruch von Waschmittelparfüm an, der einen, etwas frischer, oft auch auf dem Weg durch Siedlungen begleitet, wenn gewaschen wird.

Gegenüber der Ortschaft Birkhau wurde der Weg dann recht schmal und ein Ehepaar mit E-Bikes warnte uns vor der Weiterfahrt, weil es steil und steinig würde. Die Alternative wäre ein weiter Umweg über einen Berg gewesen, also versuchten wir unser Glück. Wir mussten in der Tat ein steiniges Stück aufwärts schieben und dann einen steilen Trampelpfad abwärts fahren, beides nicht sehr schlimm, aber doch nicht ganz das, was man auf einer offiziellen Route des Baden-Württembergischen Radwegenetzes erwartet.

In Murr an der Murr wechselten wir auf den Alb-Neckar-Radweg, suchten am Rande von Großbottwar einen Biergarten auf, weil wir noch reichlich Zeit hatten und fuhren dann im Tal der Bottwar bis nach Oberstenfeld, wo wir im Gasthof Orakel ein Zimmer gebucht hatten. Der Name des Hauses verweist auf die griechische Betriebsführung, wie überhaupt die Gastronomie des Ortes fest in den Händen von Migranten ist und auch viele Häuser von türkischen Familien bewohnt sind.

Wir waren etwas früh dran und setzten die uns in den Biergarten, bis Hotel und Restaurant um 17:30 Uhr öffneten. Langsam erschien auch, etwas genervt und lustlos wirkend, das Personal und legte die Stuhlkissen im Garten aus. Etwas vor der Zeit wurden dann auch wir eingelassen und bekamen unser Zimmer.

Auf einem kleinen Rundgang durch das Städtchen mit vielen netten Fachwerkhäusern fanden wir keine weiteren für uns interessanten Lokale und kehrten schließlich bei unserem Griechen ein. Das Essen war in Ordnung und zum Schluss spendierte der Wirt uns noch einen Ouzo und erzählte über Nutzen und Übel von Online-Hotelbuchungsportalen.

Wir schliefen wunderbar im Hotel Bäuchle. Der Raum, in dem wir das Frühstück einnehmen sollten, war ebenso überladen, wie das übrige Haus. Wir sollten an einem Tisch Platz nehmen, an dem zwei Gäste eben ihr Frühstück beendeten. Ich ging selbstverständlich davon aus, dass Brotkorb und Wurst-Käseplatte für alle am Tisch gedacht seien. Aber weit gefehlt. Ich hatte mir gerade ein Wurstbrot belegt, da wurde alles abgetragen, um für uns neu hergerichtet zu werden. Das wollte die Wirtin selbst erledigen, während ihre Helferin Sanella andere Arbeiten zugewiesen bekam. So verzögerte sich zwar unser Frühstück, aber die Platte, die dann aufgetragen wurde, war überaus üppig beladen. Es gab Wurst, Hartkäse in Scheiben, Camembert, Paprika, Melone, Trauben und von allem mehr, als wir verspeisen konnten. Die Wirtin ermunterte uns, nur ja ordentlich zuzulangen und davon auch noch reichlich  als Proviant einzupacken. So etwas hatten wir noch nie erlebt, aber wir mussten auch dann noch etwas von dem Aufgetragenen übrig lassen, denn es war einfach sehr viel

Unsere Abreise verzögerte sich auch noch etwas, weil die Wirtin in ihrer herb-gutherzigen Art noch einiges über das Lokal und aus ihrem Leben zu erzählen hatte. Zum Schluss lernten wir auch noch die beiden Mohrenkopfpapageien kennen, die sie in einem Zimmer hielt. Dann packten wir, begleitet von ihren Reden, auf, verabschiedeten uns und fuhren ab.

Wir passierten den Itzelberger See und amüsierten uns über ein Tretboot in Form eines Schwans. In Königsbronn schauten wir ins klare Becken des Brenz-Ursprungs, betrachteten das schmucke Rathaus  und entdeckten ein Haus, in dem des Hitler-Attentäters Georg Elser gedacht wurde, weil der im Ort seine Jugend verbracht hatte.

Fast ohne es zu merken überquerten wir anschließend die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein und folgten dann immer leicht abwärts am Kocher entlang nunmehr dem Kocher-Jagst-Radweg. In Oberkochen sahen wir die weiträumigen Gebäude der Firma Zeiss und deckten uns in einem Supermarkt mit Verpflegung ein.

In Aalen machten wir eine kleine Runde durch die nette und sehr belebte Altstadt, fanden überaus freundliche Menschen, die bereitwillig Auskunft erteilten und sogar anboten, vom Cafétisch aus auf unsere Räder aufzupassen, während wir einen Besichtigungsrundgang machten. Das war aber nicht nötig, denn wir hatten den  Aalener Spion schon gezeigt bekommen, der oben am Turm den Kopf hin und her wendet, die Stadtkirche hatte geschlossen und wir wollten ja auch weiter.

Nahe der Burg Niederalfingen fanden wir eine Bank am Fluss, wo wir Brotzeit machen konnten und dann ging es immer im Flusstal ganz entspannt weiter dahin. Nur einige lärmenden Motorräder störten die Ruhe und die zu einer Wettfahrt in Untergröningen anreisenden Rallye-Autos mit ihren röhrenden Motoren. Eher ruhig fuhr eine endlos lange Kolonne Motorradfahrer dahin, auf deren Ende wir am Ortsausgang von Untergröningen warten mussten, bis wir die Straße überqueren konnten.

Schließlich erreichten wir Sulzbach, wo wir im Hotel Krone reserviert hatten. Das erwies sich als freundlicher, gediegener, modern-komfortabler und, als Kontrast, angenehm schnörkelloser Aufenthalt. Es gab gute Internetverbindung, so dass wir Route und Unterkünfte für die nächsten Tage planen konnten.

Nebenan schnatterten Enten, die dem Bach entstiegen waren und Einlass in ihren Stall begehrten. Ein Mann kam, zog die Klappe auf und sie verschwanden dahinter. Wir gingen hinüber ins Lokal, bekamen gut, genug, aber nicht überreichlich zu essen und kehrten zufrieden in unser Zimmer zurück.

Nach einem gemütlichen Ruhetag im Familienkreis starteten wir ausgeruht, wohlversorgt und mit frisch gewaschener Wäsche zu unserer nächsten Etappe.

Sie führte uns zunächst nach Blaustein, dann im Bogen dem Flüsschen Blau entlang in die Ulmer Innenstadt und schließlich in der Friedrichsau an die Donau. Dort trafen wir auf den Hohenzollern-Ostalb-Radweg, dem wir von da an folgten: an der Donau bis Thalfingen, dann Langenau und ab da sehr angenehm in nördlicher Richtung. Das Wetter war etwas kühl, aber nach einer Regennacht trocken.

Bei Setzingen erreichten wir das wunderbar stille Lonetal mit Auwald und saftigen Wiesen, verließen bei der Kaltenburg die Lone, folgten der Hürbe und wechselten dann mit einigen Anstiegen ab Hürbe nach Eselsburg an der Brenz.

Die ging es gemütlich aufwärts, bis wir bei Mergelstetten ins Industriegebiet von Heidenheim gelangten, wo einige klingende Firmennamen zu finden sind. Heidenheim selbst präsentierte sich als Konglomerat alter und neuer Bauten ohne erkennbaren Stadtgestaltungswillen, durchzogen von recht rücksichtslos angelegten Verkehrsadern. Das moderne Rathaus selbst ist ein Klotz, der ohne jeden architektonischen Ehrgeiz die daneben stehende Pauluskirche erschlägt.

Wir irrten mangels stringenter Radverkehrsführung etwas herum, bis wir zum Hotel Bäuchle gelangten, wo wir gebucht hatten. Die Wirtin und, ihrer äußeren Erscheinung nach, Namenspatronin des Hauses war realiter etwas herber im Auftritt, als am Telefon, aber wir bekamen ein ordentliches Zimmer und konnten uns schon auf dem Weg dorthin kaum sattsehen an den gewaltigen Mengen religiösen und profanen Kitsches, mit dem das Haus vollgestopft war.
Da gab es die Gottesmutter mit  Kind und Engeln gemalt in vielerlei Variationen, Gefäße in Form von Schwänen, gefüllt mit künstlichen Blumen, alpenländische Szenen in Öl und jede denkbare Art von Tand und Kram.
Der Schlüssel fürs W-Lan wurde aus Haftbarkeitsängsten nur zögernd herausgerückt, bei der lausigen Verbindung hätte man auch mit einiger krimineller Energie nicht viel anstellen können.

Wir ruhten kurz aus und gingen dann los, um ein Abendessen zu suchen. Vor dem Nebeneingang des Hauses saßen zwei slawische  Monteure, rauchend, zwischen sich, wie eine abzuarbeitende Aufgabe, eine Flasche Jim Beam, offenbar dabei, sich ins Wochenende zu beamen, denn es war Freitag.

Der Weg in die Innenstadt war öde, das kulinarische Angebot eher begrenzt. Schon jetzt, um viertel vor Acht, waren die Straßen fast menschenleer. Wir gingen noch kurz in ein Kaufhaus und waren fast allein mit dem Personal. Schließlich fanden wir einen Italiener, wo es ganz ordentlich zu essen gab und einen gut funktionierenden Internetzugang, so dass wir für den weiteren Weg und die nächste Übernachtung recherchieren konnten. Als wir zurück zum Hotel gingen, hockten in der Stadt nur noch vereinzelt Gruppen von Jugendlichen in düsteren Ecken, im Übrigen waren die Straßen wie leergefegt. Nur aus einzelnen vorbeifahrenden Autos wummerte Musik durch die Nacht. Im Hotel war es still.

In unserem netten Gästehaus in Buxheim wurde kein Frühstück angeboten und so gönnten wir uns Kaffee und Hörnchen bei einer Bäckerei am Ort. Wir saßen an einem Tisch an der Sonne und beobachteten einen Vater, der mit Kinderanhänger kam, anhielt, sein Kleinkind am Straßenrand umzog und dann ebenfalls ins Café kam.

Wir machten noch einen kleinen Abstecher zur Kartause von Buxheim, die wir vor einigen Jahren ausführlich besichtigt hatten, dann fuhren wir wieder an die Iller und dann weiter flussabwärts.

Heute führte unser Weg meist in Flussnähe entlang durch Wiesen und Auwälder. Manchmal waren die Wege etwas rau, meist aber gut zu fahren und ohne bedeutsame Steigungen.

In Illertissen kauften wir Proviant und machten einen netten Besuch bei einer betagten Verwandten. Dann ging es wieder zum Fluss und weiter entlang bis Ulm.

Dort machten wir Pause bei einem Café am Münsterplatz und fuhren dann weiter, mit einem Schwenk zu einem Elektro-Großmarkt, wo ich einen praktischen Adapter fand, um die Fotos der Micro-SD-Karte meiner GoPro-Kamera mit dem Tablet auslesen zu können.

Das letzte Wegstück wurde steil und noch recht anstrengend. Den Abend verbrachten wir nett im Familienkreis.

Wir schliefen gut in dem vollständig mit Holz ausgekleideten Zimmer in der ehemaligen Schreinerei Köberle. Das Frühstück servierte der alte westfälische Lebensgefährte der Wirtin. Er blieb auch gleich bei uns am Tisch und hörte nicht mehr auf, zu reden. Dorfgeschichten, sein Leben, der Tourismus, das Wetter im Allgemeinen und im Besonderen, der Straßenverkehr, die Landschaft und und und. Ein paar unkeusche Witzlein waren auch dabei und gelegentlich hatte die Schallplatte einen Sprung und hüpfte zurück auf ein bereits gehörtes Stück. Wir ertrugen es mit Fassung.

Booking, deren Ankündigung unseres Quartierwechsels gestern aus London gekommen war, riefen heute aus Amsterdam an und wollten wissen, ob wir zufrieden gewesen seien. Jaja. Wir packten, holten unsere Fahrräder aus dem Keller hinter dem Haus, luden - noch immer unter dem Palavern des Hausfreundes - unsere Fahrradtaschen auf und fuhren schließlich los.

Bei trockenem, nicht zu heißem Wetter ging es recht flott bergab auf Immenstadt zu. Mehr noch als gestern sahen wir allenthalben Bauern ihre Felder düngen und der Geruch von Gülle sollte uns in wechselnder Intensität den ganzen Tag über begleiten.

Wir überquerten die Iller, ließen Immenstadt links liegen und fuhren durch Wiesen und Auwald schön zügig abwärts, manchmal zusätzlich geschoben vom Rückenwind.

Gelegentlich kamen wir durch kleine Orte, aber nirgends fand sich ein Lebensmittelladen, wo wir Proviant hätten kaufen können. Erst in Kempten konnten wir uns versorgen und setzten uns mit Bananen und Joghurt auf den Platz vor der nach dem Missionar Magnus benannten St. Mang Kirche. Auf dem Platz gab es als Kunstaktion eine lange mit weißem Tischtuch gedeckte Tafel, an der sich eine durchreisende bunte Radlergruppe mit einem kleinen Kind zur Brotzeit niedergelassen hatte. Neben uns piepte ein Junger Spatz im Sand, bis ein Spatzenelternteil zum Füttern kam.

Wir besichtigten die Kirche und setzen uns dann noch zu Cappuccino auf den etwas zugigen Rathausplatz, bevor wir weiterfuhren.

Bei einem flussbegleitenden Weg denkt man ja gerne an eine gemütliche Fahrt, zumal wenn es flussabwärts geht. Die Erfahrung lehrt anderes und wurde auch diesmal bestätigt. Die Wechsel von kühler Flussaue zu weitem grünem Land am hohen Ufer erfreuten das Auge, aber sie ermüdeten auch die Beine und so wurde uns die zweite Hälfte unserer Tagesetappe doch recht lang, zumal böiger Wind herrschte und es bisweilen auch regnete. Dennoch ließen wir es uns nicht nehmen, noch die Wallfahrtskirche Maria Steinach zu besuchen.

Das letzte Stück ging zum Glück dann wieder flott und eben an der Iller dahin und nicht weit vom Fluss lag dann auch unsere Unterkunft, das Gästehaus Buxheim. Der Vermieter, Herr Zettler, hatte uns schon morgens angerufen, um die Modalitäten unserer Ankunft zu besprechen. Er empfing uns überaus nett und  wir bezogen das sehr hübsch und sorgfältig ausgestattete Appartement im ersten Stock des Hauses, machten uns frisch, während draußen ein sehr kräftiger Regen niederging und liefen dann in Richtung der Karthause, wo uns ein jugoslawisches Restaurant namens Sonne zu Abend bewirtete. Zurück in unserer Unterkunft beschlossen wir den Abend noch mit zwei Allgäuer Büble Bier aus der Bügelflasche, die in der Vorratskammer bereitgestanden waren.

Als wir aufwachten, lag das Tal im Nebel, aber langsam wurde es klar und erste Sonnenstrahlen kamen durch. Die Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau waren in der Ferne noch im Dunst, als wir unsere Tagestour begannen.

Es ging zuerst leicht bergab, so dass wir zügig vorankamen. Den ganzen Tag begegneten uns Radfahrer, teils ebenfalls mit großem Gepäck, teils auf Tagesausflug, nicht wenige mit elektrischem Hilfsantrieb.
In Füssen wollte ich mir ein anderes Bändel für meine Sonnenbrille kaufen, weil das vor wenigen Tagen neu erworbene zwar edel und aus Leder war, aber bei Feuchtigkeit so abfärbte, dass meine Hemden am Kragen schwarz wurden. Die Innenstadt war so voll mit Touristen, dass kaum ein Durchkommen war, aber in einer Seitengasse fand ich einen Optiker, der das Gewünschte hatte und wir verließen den Ort. Wir fuhren am Hopfensee entlang und passierten in Hopferau das Hotel, in dem wir 2013 vor unserer Alpenüberquerung genächtigt hatten.

In Speiden machten wir Rast und besuchten Kirche und Gnadenkapelle. In Oy ließen wir uns vor einem Gasthaus zu Apfelschorle nieder. Wir fuhren jetzt viel auf ruhigen Landstraßen, aber es gab etliche langezogene Steigungen und wir gelangten auf über 1000 m Höhe. Schließlich erreichten wir Rettenberg.

Schon unterwegs hatten wir einen Anruf aus London erhalten, in dem uns Booking.com mitteilte, dass wir durch einen technischen Fehler nicht in dem gebuchten Hotel unterkommen könnten, aber man habe uns eine Alternative anzubieten. Das Gästehaus Köberle, über einer alten Schreinerei, erwies sich als nett und angenehm. Den Fernseher, den wir überall sonst gerne ignorierten, gab es hier nicht.

In der Pizzeria gegenüber aßen wir zu Abend. Es gab einen riesengroßen Salat, die Pizzen waren schwer und teigig, eine Alte trank Grappa und plärrte in ihr Telefon, Wirt und Bedienung machten den Eindruck, als wären sie noch nicht lange in diesem Lokal. Wir wurden jedenfalls gut satt und gingen zurück über die Straße zu unserem Hotel.

In der Nacht hatte es geregnet, auch morgens, bei unserer Abfahrt, nieselte es noch und nach einer Weile begann es kräftig zu regnen. Wir zogen also unsere Regenkleidung an, aber der Weg verlief immer wieder auf und ab, so dass wir ins Schwitzen gerieten und alsbald ebenso nass waren, wie wir es ohne Regenkleidung geworden wären.
Auf dem Ammer-Amper-Radweg ging es südwärts, dann im Tal der Ammer westwärts, ab Peiting wieder nach Süden. Vor Bayersoien scheiterte der Versuch meines Navi, uns eine schöne Abkürzung zu weisen, an einem tief eingeschnittenen Tal, in das nur ein steiler Wanderpfad hinabführte. Also fuhren wir im Bogen weiter.
Im Forsthaus Unternogg machten wir Kaffepause, neben uns eine Tischgesellschaft in Tracht und Sonntagnachmittagstran, im Biergarten eine Trinkwasserstelle, wo wir vor der Abreise unsere Flaschen füllen konnten.

Danach erreichten wir alsbald den Bodensee-Königssee-Radweg, der hier für uns ziemlich holperig und rau und hügelig begann. Einmal mussten wir sogar einen Wildbach überqueren.

So wurde die Strecke doch recht anstrengend und wir waren froh, als wir unser Hotel Sonnenbichl in Trauchgau erreicht hatten. Wir hängten unsere Kleider zum Trocknen auf und duschten.  Sauna und Schwimmbad, die den Flur vor unserem Zimmer mit Chlorgeruch erfüllten, ließen wir ungenutzt.
Draußen wurde es recht schnell finster und mit heftigem Regen entlud sich ein Gewitter. Wir suchten frühzeitig das hauseigene Restaurant auf und aßen Knödel - Friederike mit Salat und ich mit Schweinebraten. Der Tag mit seinem Auf und Ab auf holperigen Wegen war ziemlich ermüdend gewesen und so gingen wir relativ zeitig zu Bett.