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Nachts gab es draußen mal ein Gezeter und Palaver, das uns weckte, morgens dann die Stimme des Muezzin. Am Bett zeigt ein Aufkleber mit einem Pfeil die Gebetsrichtung nach Mekka an. Das Bad ist komfortabler als in Van, allerdings steht auch hier das Klosett innerhalb der geräumigen Duschkabine und der Brauseschlauch reicht bis dorthin, ein Hinweis auf die muslimischen Hygienerituale. Der Frühstückstaum liegt im obersten Stockwerk und hat große Fenster nach zwei Seiten. Das ist schön hell und man sieht über die Dächer, an einer Stelle auch hinaus in die grüne Ebene des Tigris. Vormittagsspaziergang durch Gassen und Basar. Dann eine längere Verhandlung im Tourist-Office über Transportmöglichkeiten für den nächsten Tag. Besteigen der Stadtmauer.

Stadtmauer DiyarbakirMit dem Dolmus hinaus zur Zehn-Augen-Brücke, wo wir über dem Tigrisufer an kleinen Tischen Tee trinken. Auf der Brücke spielt ein alter Mann ohrenbetäubend auf einer alten Flöte. Ein Taxi bringt uns zu acht in atemberaubender Fahrt mit heißer Musik zur Busstation. Anna sitzt im Kofferraum. Im beginnenden Regen finden wir gleich auch ein Dolmus nach Mardin. Es geht ziemlich schnell dahin. Auf dem Mittelstreifen der Schnellstraße liegen oder grasen bisweilen Esel. In Mardin suchen wir den Weg hinauf zur Burg. Schon auf dem Weg dorthin genießen wir die phantastische Aussicht über die Ebene des Euphrat, so dass es nicht allzu schlimm ist, dass wir nicht ganz hinauf gelangen.

MardinVon weitem sehen wir schon lange ein Regengebiet kommen und steigen eilig über steile Treppen und durch enge Gassen ab. Mit dem Beginn eines kräftigen Regengusses langen wir unten an und flüchten in ein Teehaus, wo es auch Baklava und für Laurin einen blauen Marzipanelefanten gibt. Nicht nur deswegen hat sich der Ausflug nach Mardin gelohnt. Es gibt viele sehr schöne Gebäude mit feinziselierten Ornamenten, auch einige christliche Kirchen. Frauen sind viel mehr im Straßenbild sichtbar, oft unverschleiert, manchmal auch westlich gekleidet und treten selbstbewusst auf. Auf die Frage.nach einem Dolmus in Richtung Diyarbakir landen wir zunächst  auf  einer ziemlich langen Rundfahrt mit einem Stadtbus, bis wir unten in der Neustadt ein plüschbezogenes Dolmus umsteigen dürfen. Dort sitzen wir am Ende sardinengleich mit zwei Japanern und etlichen Einheimischen, während der schon etwas  betagte und beim Zahlen rechenschwache Fahrer mit uns nach Diyabarkir zurückbrettert. Ein weiteres Dolmus bringt uns in die Nähe des Hotels, von wo aus wir bald zum Essen aufbrechen. Zum abendlichen Umtrunk gibt es heute Raki und Rotwein im Zimmer von Anna und Sarah. Am Ende des Tages hat Anna eine nette Kurzhaarfrisur.

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4:00 Uhr morgens. Der Muezzin hat heute Strom. Wir drehen uns nochmal um. Irgendwann ist dann doch Zeit, aufzustehen. Die Dusche noch immer zum Niederknien, die Treppe hinunter nach wie vor ein Abenteuer, weil die Stufen ganz unterschiedlich hoch sind und man nur bei genauer Sichtkontrolle nicht ins Stolpern gerät. Zum Frühstück eine Rede von Erdogan im TV, bis ihm der morgendliche Stromausfall ein Ende macht. Markus zu Laurin: "Auch wenn der Strom zeitweise wiederkehrt, fahren wir hier heute nicht mehr mit dem Lift, denn wir wollen den Bus nehmen und nicht im Aufzug festsitzen."

Nach dem Frühstück packen. Markus sitzt mit der Landkarte im Aufenthaltsraum und plant. Bei mir melden sich die ersten Kunden von daheim. Wenn sie hören, dass ich in Kurdistan bin, wappnen sie sich, wie wir, mit Zeit. Ich maile Ferndiagnosen und, so hoffe ich, -heilungen und meditiere über den Gegensatz zwischen europäischem Effizienzdenken und dem Orient, der uns hier umgibt.

Am Ticketshop, wo er vorgestern die Busfahrt nach Diyabarkır gebucht hat, wird Markus per Handschlag begrüßt.  Wir dürfen zunächst in einem Shuttlebus Platz nehmen, der uns zum Busterminal bringen soll. Immer mehr Leute stapeln ihr Gepäck im Gang. Als unterwegs noch jemand zusteigt, purzelt ein Gepäcksack hinaus auf die Straße.

Der eigentliche Bus ist dann sehr komfortabel, mit Bildschirm an jedem Platz. Ich packe die Kopfhörer aus und reise fortan passend begleitet von türkischer Popmusik. Wir verlassen die Stadt und fahren dann noch einmal am Van-See entlang, anders als gestern bei strahlender Sonne. Blaues Wasser, schneeweiße Berggipfel, vereinzelte weiße Wolken. Das hatte schon vom Flugzeug aus phantastisch ausgesehen.

Der Steward bringt Tee und kleine Schokoriegel, anschließend parfümiertes Wasser für die Hände. Auf verkehrsarmer breiter Piste rollen wir dann stetig bergan. Es gibt funktionierendes W-Lan im Bus. Die Verbindung zur Außenwelt schwächelt etwas, aber ein paar Mails kommen herein.

Unterwegs eine Pro-Forma-Miliärkontrolle. Ein Panzer, eine Mauer, ein paar Sandsäcke. Ein Koffer muss geöffnet, ein Ausweis vorgezeigt werden, dann geht es weiter. Ein langer Tunnel, dann etwas abwärts und weiter in weiten Kurven durch weich geformte Berglandschaft mit fernen Schneegipfeln. Einzelne Herden von Rindern und Schafen. Dann unvermittelt wieder die weite blaue Fläche des Sees. In Tatvan verlassen wir ihn endgültig.

Von Van nach Diyarbakir

Kurzer Aufenthalt in Bitilis. Malerische orientalische Hauptstraße. Anna und Sarah melden, dass sie in München schon im Flieger sitzen. Dass ich derlei einmal in einem kurdischen Bus erfahren würde, hätte ich nicht gedacht. Danach auf breiter Straße talwärts, bis zu einer Raststätte, wo wir zur Toilette gehen, Tee trinken und uns etwas die Füße vertreten können, dann weiter bergab.

Nach einigen Kilometern erneut ein Kontrollpunkt und wenig später sehen wir, wie ein Kranfahrzeug versucht, einen ausgebrannten abgestürzten Lkw aus dem recht tiefen Flusstal zu bergen. Dann Rinder auf der Straße, dann ein paar Felsbrocken. Die Berglandschaft wird im Absteigen grüner, die Bäume schon frühlingshaft belaubt.

Während wir immer weiter abwärts fahren, weitet sich langsam die Landschaft. Je näher wir Diyabarkir kommen, umso flacher wird es. An diesem Montag erreichen mich ein paar Anrufe und Mails von zu Hause. Einem Kunden kann ich per Mail helfen, ein anderer braucht nur Beratung und die hat Zeit bis zur Rückkehr. Einmal geht es um eine Gemeinderatsangelegenheit. Die Leute sind amüsiert, wenn sie hören, dass ich in Kurdistan im Bus sitze. Ich auch. Alles hat seine Zeit.

Am Ende der sonnigen Tagesfahrt kommt schließlich Regen auf, der aber schon wieder nachlässt, als wir Diyarbakir erreichen. Als mein Navi die größte Nähe zum Hotel anzeigt, steigen wir unter lautem Gehupe der nachfolgenden Autofahrer am Straßenrand aus und finden auch gleich ein Taxi, das uns zum Hotel bringt.

Nur kurz eingcheckt und gleich wieder hinaus zu einem Rundgang mit Lokalsuche. Quirliges Leben in den dunklen Straßen macht Lust auf einen Bummel bei Tage. Schließlich finden wir ein Restaurant, das uns behagt und wo wir vorzüglich essen. Die Zeit bis zum Empfang von Anna und Sarah am Flughafen verbringen wir in der Diwan-Ecke des Hotels. Es hat wieder begonnen, zu regnen.

Mit dem Taxi zum Flughafen, etwas spannende Warterei, weil nicht klar war, ob das Flugzeug schon gelandet war oder nicht. Schließlich wird die Landung bekannt gegeben und dann sehen wir die beiden. Großes Hallo.

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Guten Morgen Van! In der Nacht das übliche Geraufe im südländischen Bett. Immer ist die gemeinsame Decke woanders.

Woran bemerkt der moderne Reisende den morgendlichen Stromausfall? Am Schweigen des Muezzin? Daran,  dass der Kühlschrank im Zimmer nicht mehr rappelt? An der fehlenden W-Lan-Verbindung! Aber warmes Wasser, wie im Prospekt. Nur dass die Duscharmatur kaputt ist und das Wasser nur aus dem Hahn ganz unten in Kniehöhe kommt.

So gesäubert zum reichhaltigen Frühstück. Die Büchlers schon da.

Wir laufen ein paar Straßen weit, suchen ein Sammeltaxi nach Hoşap, finden eines, das uns für 40TL mitnimmt. Zwei Leute kommen noch,  dann geht es los. Unterwegs steigt noch eine offenbar kranke Frau mit Begleiter zu.

Moderne Häuser, baufällige Hütten, Ruinengrundstücke, planierte Schutthalden in buntem Wechsel. Handgeschobene Obstkarren, Lastenräder, verbeulte Lieferwagen und moderne LKW nebeneinander. Gepanzerte Polizeifahrzeuge, Wasserwerfer mit Räumschild. An einem Militärgelände ein Wachsoldat hinter Sandsäcken. Eine breite leere Ausfallstraße bergan. In der kargen Landschaft ein Hirt mit Schafen. Auf der anderen Seite Neubaugerippe. Türkische Musik aus dem Lautsprecher, Schneeflecken auf den Hügeln. Blick auf verschneite Gipfel. Auf breiter Piste hinunter ins nächste Tal.
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Unser Dolmus tankt. An der Tankstelle wird noch gebaut. Über uns schweben provisorisch befestigte Stahlträger, auf denen Arbeiter ungesichert herumturnen. Einer bringt ein Schweißgerät auf ein wackeliges Rollgerüst über den Zapfsäulen.

Ein langgezogener Stausee. Unser Fahrer brettert, schneidet die Kurven auf der breiten vierspurigen Straße bis an den linken Rand. Wir überholen einen Kleinlaster voller Hühner in Käfigen. Federflattern im Fahrtwind.

Ankunft. Ein Straßendorf aus zwei Dutzend Hütten. Teestuben, Läden, Werkstätten. Über eine Brücke, dann langsam den Berg hoch zur Burgruine. Blick von oben auf ein Lehmhüttendorf.

HoşapRuinenkletterei mit Ausblicken hinunter in die Ortschaften, hinaus auf schneebedeckte Berge bis hinüber in den Irak. Unten Schüsse, Hupen, ein kleiner Autokonvoi, eine Hochzeit vermutlich. Auf einem Platz unten ist eine Bühne aufgebaut, Stuhlreihen. Vorbereitungen zu einer Veranstaltung oder einem Fest.

Leichter Regen beim Abstieg. Kinder und ein schmutziger Hund interessieren sich für uns. Der Hühnerlaster ist inzwischen bei den Lehmhütten angelangt. Die Bewohner kommen heran, kaufen flatterndes Federvieh, das sie an den Beinen gepackt nach Hause tragen. So bleibt ein Huhn länger frisch, als im Kühlschrank. Wir stehen eine Weile an der Straße, Markus und ich halten Ausschau nach einem Transportmittel, die Damen und Laurin bevölkern derweil einen kleinen Laden mit Ausschank. Keine einheimischen Frauen auf der Straße,  über die ein Transparent gespannt ist, das für das heutige Fest wirbt. So lange wird es wohl noch halten, auch wenn jeder darunter vorbeifahrende Lastwagen ein Wenig daran zerrt.

TeestubeEin Dolmus kommt, die Richtung stimmt ungefähr, wir fahren mit. Zurück auf der breiten Straße, es regnet. Wir biegen nicht ab, sondern es geht wieder nach Van. Dort etwas verhandeln, rätseln, palavern, dann landen wir an einer Art Dolmus-Bahnhof und steigen um in einen Sechzehnsitzer, der uns zur Fähre nach Akdamar bringen soll. Es bleibt kühl und regnerisch heute.

Am Ufer des Van-Sees Picknick-Areale. Die Leute grillen Fisch und essen Mitgebrachtes. Wo Frauen sitzen, sind einige Picknick-Pavillons mit Tüchern verhängt. Ein dicker Mann steigt zu und nimmt auf einem der winzigen Plastikhocker Platz, die vorne gestapelt sind. Er lächelt uns freundlich an, probiert eine Unterhaltung mit Gesten. Wir wollten eigentlich nur zur Fähre am See, aber unser Kleinbus nimmt uns zuerst noch mit auf einen Ausflug hinauf nach Gevas, einen schäbigen Ort mit kaputten Straßen, wackeligen Ställen neben neuen Gebäuden. Ganz oben eine Art Kaserne, dann wieder zurück. An einer Teestube macht der Fahrer erstmal Pause.

Eine Stunde nachdem wir den See  verlassen haben, sind wir wieder dort. Die Überfahrt zur Insel erfolgt nach dem nun schon reichlich bekannten Dolmus-Prinzip: verhandeln, warten wenn dann genügend Leute beisammen sind, geht die Fahrt los. Das ist ein Land für Menschen, die Zeit haben. Wie wir. Schließlich ist Urlaub.

Am Boot nehmen wir in der Kajüte Platz, wo es einen Diwan gibt  windstill ist. Dann dieselt die Schaluppe mit großem Getöse los und aus dem kleinen Hafen hinaus der Seeinsel zu. Leider beginnt es zu regnen und wir umrunden die alte, von blühenden Mandelbäumen umgebene armenische Kirche nur kurz und gehen dann wieder in unsere Kajüte.

AkdamarUnser Boot ist das letzte, das die Insel verlässt und so warten wir sehr lange, bis alle Besucher von der Kirche und den umliegenden Hügeln zurück sind. Schließlich kommt auch noch der Mann, der bei der Ankunft drei Lira von uns kassiert hatte und es kann losgehen. Ganz schnell dann der Weitertransport an Land, denn da wartet schon ein Dolmus und sofort geht es los zurück in die Stadt.

Es ist recht kühl geworden. Also gehen wir kurz ins Hotel, um uns wärmere Kleider zu holen, dann machen wir uns auf Nahrungssuche. Unweit des Hotels gibt es zahlreiche Imbisse. Bei einigen schauen n wir durchs Fenster, in eines gehen wir topfgucken, wobei fast die ganze Belegschaft für uns Spalier steht, bis wir uns entscheiden, doch nicht da zu bleiben, weil unsere vegetarische Abteilung nichts Rechtes finden kann . Schließlich entdecken wir ein Lokal, wo wir die Kellnerei etwas mit unserer Speisenfolge verwirren, aber gut zu Essen bekommen.

Auf den Straßen trotz der Kälte reges Abendleben. Ausrufer skandieren die Ziele von Bussen, die meisten Geschäfte geöffnet, in einem Süßigkeitenladen machen wir noch Halt, dann gehen wir zu einem gemütlichen Abendtrunk zurück ins Hotel.

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5:30 Uhr, Autobahnring München Ost. Der Taxifahrer koordiniert per Funk den Abtransport später Gäste der Maibaumwachen aus den umliegenden Dörfern. Auch sonst ist schon allerhand los auf der Straße, an diesem ersten Tag der Osterferien.
Am Airport relative Ruhe. In den weiten Hallen verläuft sich die Menge. Wohin? Wir verlaufen uns auch, stehen unschlüssig herum, bis uns ein freundlicher Anruf zum richtigen Check-In-Bereich dirigiert. Dort warten schon Gruppen von Menschen in orientalischen Gewändern. Und die Freunde mit unseren Tickets. Begrüßung, Gschichtlnerzählen, während sich die Schlange langsam durch die Absperrung schlängelt. Im Voranrücken noch etwas umpacken, die Jacke ist jetzt zu warm. Dann Gepäckabgabe. Mein Rucksack wiegt 13,7 kg,  Friederikes 12,1. Aha, in Istanbul müssen wir selber mit den Sachen von Flugzeug zu Flugzeug, weil es am Ziel, in Van, keine Zollabfertigung gibt.

Dann los zum Flieger. Es ist noch reichlich Zeit, aber wir sind unter den letzten. Die meisten klemmen schon an Bord in den Sesseln. Wenig Arm- und Kniefreiheit auf der kurzen Strecke. Fliegen geht schnell, aber der Vorlauf dauert. Am Ende sind wir dann doch in der Luft.

Keine besonderen Vorkommnisse, das Essen eingeschlossen, das mangels Ellenbogenfreiheit nicht ganz einfach zu verzehren ist.

In Istanbul bedeckt und kühl. Mit dem Bus vom Vorfeld zum Terminal, Gepäck abholen und weiter zum Inlandsbereich. Da hatten wir dann reichlich Zeit, beim Warten Tee zu trinken. W-Lan gab's auch.

Wieder Leibesvisitation und noch etwas warten bis zum Einchecken für den Inlandsflug nach Van. Same procedure. Safety instructions. Am Boden sind die großen Vögel träge. Also dauerte es noch etwas, bis wir wieder in der Luft waren und uns Istanbul von oben anschauen konnten. Stadt und Küste und Meer und Wolken und als dunkle Flecken auf den noch winterkargen Feldern ihre Schatten.

Wieder was zu essen. Auberginenpaste, ein Geflügel-Käse-Brötchen, aus deren zweien wir ein Geflügel- und ein Käsebrötchen bauen. Mousse au Schokobanane. Alles ganz ordentlich. Draußen drunten gelegentliche Schneeberge. Flusstäler, kleinparzelliges Ackerland, zackige Straßenverläufe lassen aus der Vogelperspektive bergiges Land erkennen. Dann weiträumige spätwinterliche Berglandschaft und schon wieder "fasten your seatbelts" zum Sinkflug.

Anflug auf VanSehr schöner Anflug auf Van mit See, Schneebergen, vereinzelten neuen Siedlungen verstreut in der kargen Landschaft. Der Flughafen klein und provinziell. Ein Taxi zu sechst mit Gepäck zum Hotel. Etwas schäbige türkische Moderne mit einer sensationellen gepolsterten Klobrille, weder komfortabel, noch überzeugend hygienisch, aber sehr lustig.

Gleich wieder los durch die Stadt. Alte verfallene Häuser und neue in jedem Stadium der (Nicht-)Fertigstellung. Keine Touristen. Die Leute beobachten uns, schauen uns nach, manche grüßen. Wir suchen ein Dolmus zur Burgruine, laufen ziemlich lang die Straße entlang, warten an einem Platz, bekommen Sitz- und Stehplätze in einem mit 25 Personen besetzten Gefährt. Spottbillig.

Am Fuß des Burgberges Verwirrung. Linksrum? Rechtsrum? Ein Mann erklärt, wir verstehen nicht viel. Linksrum. Durch eine vielbenutzte Zaunlücke in das Gelände, steil hinauf zur Burgmauer. Die ist frisch restauriert, man kann oben entlang gehen, hohe Stufen erklettern, bis fast zur eigentlichen Burg. Fast. Zurück ein Stück, dann etwas tiefer auf Trampelpfaden rechts um die Burg. Alles sehr beeindruckend, auch wenn es zum Sonnenuntergang über dem See nicht mehr ganz gereicht hat.

Van - Blick von der Burg nach Westen

Mit einem Dolmus über verwinkelte Lehmstraßen zurück zur Stadt. Auf der Suche nach dem Busbahnhof im Niemandsland einer großen Straßenkreuzung gelandet. Am Ende in einem Imbiss nahe dem Hotel gut gespeist und heim. Markus macht sich noch auf die Suche nach vier Dosen Efes und mit denen beschließen wir den ersten Tag dieser Reise.

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Bilder von drei schönen Radltagen von Salzburg über St. Gilgen und Seewalchen am Attersee bis Oberhofen am Irrsee, 19.-21. Mai 2013

Heute profitierten wir ganz besonders von der günstigen Lage unseres Hotels. Morgens gingen wir zu Fuß zur Hagia Sophia, der großen Moschee, die einst als christliche Kathedrale das Zentrum Ost-Roms gewesen war und heute als Museum säkularisiert ist. Bis wir hinein konnten, mussten wir erst ziemlich lang in der Sonne Schlange stehen, um Eintrittskarten zu lösen und später nochmal etwas weniger lang, um auf das Gelände zu kommen. Der Besuch drinnen war wirklich eindrucksvoll und lohnend, auch wenn natürlich großer Besucherandrang war.

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Anschließend wanderten wir über den großen Platz zur Sultan-Ahmed-Moschee und trafen dort im Vorhof ganz zufällig Bekannte, mit denen wir uns eigentlich erst in den nächsten Tagen hatten verabreden wollen.

DSC_2099So unternahmen wir die Besichtigung gemeinsam und setzten uns anschließend noch zum Kaffee. Langsam weicht die Winterblässe aus unseren Gesichtern, denn es ist sonnig und tagsüber schon sehr warm.DSC_2126 DSC_2130Anschließend machten wir kurz Pause im Hotel und fuhren dann mit der Straßenbahn hinüber nach Beyoglu, zum Abendessen und anschließenden Flanieren.

Gut ausgeruht starteten wir in unseren ersten Tag in Istanbul. Wir hatten uns einige Besichtigungen vorgenommen und gingen als erstes zum Topkapi Serail.

DSC_1871Dort mussten wir erst an der  Kasse und dann nochmal am Einlass mit vielen Menschen aus aller Herren Ländern Schlange stehen.

DSC_1912Es gab viel zu besichtigen und zu fotografieren und als wir gerade knapp durch waren, wurde schon geschlossen und es war zu spät für die beiden Moscheen, die wir eigentlich auch gerne gesehen hätten.

DSC_1889So gingen wir kurz ins Hotel und dann wieder hinaus in die abendliche Stadt. Gleich um die Ecke fanden wir einen Imbiss und dann gingen  wir über die Galata-Brücke nach Beyoglu, wo reges Abendleben im Gange war.

IstanbulNacht

Ein paarmal wurde unser Wagen rangiert und stand länger auf abgelegenen Gleisen herum. Unsere Hoffnung, dass unser wunderbarer Schlafwagen irgendwann doch noch aus dem Dunkel der Nacht auftauchen würde und wir in bequeme Betten umziehen könnten, erfüllte sich nicht. Dafür wurden wir kurz vor drei Uhr nachts zur Grenzkontrolle geweckt.  Wir hielten unsere Ausweise bereit und warteten. Nach einer Weile kam der Schaffner und rief nochmal "Police, Passport" und den Reisenden  begann zu dämmern, dass die Kontrolle außerhalb des Zuges stattfinden sollte. Der Schaffner war die Strecke bestimmt schon viele Male gefahren und schien ungläubig darüber zu staunen, dass die Reisenden die Prozeduren dieser Fahrt noch immer nicht kannten.

Wir packten also vorsichtshalber unsere Wertsachen ein, damit sie nicht in dem unbewacht herumstehenden Waggon verloren gingen und begaben uns zu einem nahen Flachbau. Je nach Nationaliät benötigten die Reisenden ein Visum, wozu sie zu einem anderen Flachbau mussten, um dort zu erfahren, dass es 15 Euro in bar kostete. Die borgte ich einem Niederländer, mit dem Pia sich im Zug lange unterhalten hatte. Nach welchen Kriterien die Visapflicht für einzelnen Nationalitäten bestand oder nicht, konnten wir nicht nachvollziehen. Als wir an der Reihe waren und einzeln statt Pässen unsere Personalausweise durch die Öffnung in den dicken Gitterstäben reichten, wurde das nicht beanstandet. Da sich aber Personalausweise nicht stempeln lassen, wie Pässe, bekamen wir den Einreisestempel auf unscheinbaren amtlichen Zettelchen, auf denen sonst nur noch unser jeweiliger Vorname stand. Dann durften wir zurück in den Zug, wo einige der anderen Reisenden noch den Inhalt ihres Gepäcks vorweisen mussten.

Jedem Staat auf der Welt, der dies für nötig hält, sei es gegönnt, seine Grenzen zu sichern und sich gegen unerwünschte Eindrinlinge oder Importe zu wappnen. Ein wenig Respekteinflößung oder anderweitige Darstellung staatlicher Souveränität mag auch zugestanden werden. Aber was wir da mitten in der Nacht irgendwo an einem abgelegenen Grenzort zwischen Bulgarien und Türkei erlebt haben, war - gelinde gesagt - seltsam, liebes Gastland Türkei.

Der kurze Zug ruckelte weiter und als es schon hell war, verkündete der Schaffner, dass in zehn Minuten Istanbul erreicht sei und verlangte rasch das Bettzeug, in das wir uns gehüllt hatten. Unsere Telefone zeigten mit Hilfe von GPS, dass wir noch etwas mehr als 40 km vom Stadtzentrum entfernt waren. Draußen war weitgehend leere Landschaft mit verstreuten Haufen von Plastikmüll.

Der Zug fuhr noch eine ganze Weile weiter. An einer Stelle wurde kurz gehalten, weil die Oberleitung seitlich herabhing und an den Waggons streifte. Die Diesellok zog uns dann langsam weiter bis zu einem winzigen Vorortbahnhof an einer großen Ausfallstraße und da war Schluss. Istanbul! Aussteigen! Ungläubig staunend leisteten wir schließlich Folge und marschierten hinter einem Schaffner her über eine Fußgängerbrücke auf die stark befahrene Schnellstraße zu und, kleine Lücken zwischen den Autos nutzend, hinüber zu einer unscheinbaren Busstation. Dort sollten wir dann nochmal je einen Euro für die Busfahrt löhnen und es nutzte nichts, dass wir auf unsere bereits bezahlte Zugfahrkarte verwiesen. Wir hatten keine Euro-Münzen und der Holländer konnte sich revanchieren, indem er mit Bulgarischen Lew für uns bezahlte. Der erste Bus war überfüllt, der zweite wurde mit uns gut voll und brachte uns schließlich in die Stadt und in Bahnhofsnähe. Von dort aus fanden wir auch schnell unser Hotel und wurden freundlich mit Frühstück bewirtet, bis unsere Zimmer hergerichtet waren.

DSC_1742Nachdem wir eingezogen waren, machten wir einen Rundgang, freuten uns an der Tulpenpracht im Park unter dem Sultanspalast, taten erste Blicke hinaus auf den Bosporus und schauten nach den Besichtigungszeiten der großen Moscheen, die sich in bequemer Laufweite unseres Hotels befinden.

DSC_1752Endlich sind wir im Frühling angekommen und freuen uns nicht nur über die Wärme, sondern auch auf die Begegnung mit orientalischer Kultur und Lebensart, die uns hier erwartet. In beginnender Abendkühle ertönte von allen Seiten der Ruf des Muezzin und wir suchten uns alsbald ein Lokal fürs Abendessen. Unsere erste türkische Mahlzeit hat uns recht gut geschmeckt, auch wenn wir die Rechnung am Ende nicht ganz verstanden haben. Sie war moderat genug, das einmal auf sich beruhen zu lassen.

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Wir lagen eingehüllt in alle unsere Kleider und je zwei Wolldecken und versuchten, zu schlafen. An den Fenstern gefror das vom Dach herabgeflossene Tauwasser. Einmal kam ein Mechaniker und wühlte in einem Schaltschrank, aber unsere Hoffnungen erfüllten sich nicht. Es wurde eher noch kälter und irgendein Ventilator, der sich nicht abschalten ließ, führte ständig einen leichten Stom Außenluft herein. Zur Abwechslung gab es die üblichen Grenzkontrollen, Zollkontrollen, Fahrkartenkontrollen.

Schließlich kamen wir in Sofia an. Der Bahnhof monumental gebaut und bescheiden ausgestattet und beschildert. Mit Mühe fanden wir die Gepäckaufbewahrung, wo eine extrem mürrische Frau Dienst tat. Ein Guide, den wir eigentlich gerne gemieden hätten, half uns mit der Auskunft, dass wir zwei Lew pro Gepäckstück zu zahlen hätten. Ein Wechselschalter bot die Möglichkeit, unser restliches Serbisches Geld  einzutauschen.   Es war klar, dass wir da keinen guten Kurs bekommen würden, aber hier war das Ergebnis so schlecht, dass Friederike nochmal zurückging, um sich zu beschweren.  Der Mensch hinter dem Schalter blieb natürlich stur. Sein Boss, der während der Transaktion mit Klebefilm Ziffern auf einer Kurstafel befestigt hatte, kam uns dann allerdings rufend durch den ganzen Bahnhof nachgelaufen und reichte noch zehn Lew nach. Das machte die Sache etwas besser.

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Wir vertrauten der Mürrischen unser Gepäck an und liefen stadteinwärts. Im Regierungsviertel verlor sich eine Demonstration einer nationalistischen Partei zwischen den monumentalen Bauten. In der übrigen Stadt gab es tiefe Löcher in Straßen und Gehsteigen. Wir liefen über einen Markt, wo von sorgfältig aufgebauten Stapeln Obst und Gemüse verkauft wurden. Am Straßenrand boten arme Leute kleine Mengen Gemüse an. Ebenso ordentlich arrangiert gab es in einem anderen Teil des Marktes Kleider, bunter Arrangements von Unterhöschen und Büstenhaltern, einige Stände boten Militaria an, auch ein UN-Blauhelm war dabei.

DSC_1713Gut aufwärmen konnten wir uns beim Besuch einiger Kirchen, die immer gut geheizt sind. Auch hier wanderten die Gläubigen von Ikone zu Ikone, einmal sahen wir einen Priester, der in Gegenwart eines Ehepaares laute Gebete an einer Ikone vortrug, so als seien sie von ihnen bestellt worden. Um die Wandbilder und Ikonen vor dem Ruß der zahlreich gespendeten Votivkerzen zu schützen, gibt es in vielen Kirchen Kerzenständer mit Rauchabzug, bisweilen auch Kästen im Freien vor der Kirche, wo die Kerzen aufgestellt werden sollen.

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Auch ein paar nette Cafes fanden wir und zum Schluss auch ein gutes Restaurant, wo wir ausgiebig zu abend aßen, um gewappnet zu sein für die letzte nächtliche Zugfahrt dieser Reise. Die sollte spannender werden, als uns lieb war.

Es begann damit, dass wir zwar rechtzeitig am Bahnhof waren, um unser Gepäck wieder bei der Mürrischen abzuholen und bequem den Zug zu erreichen, aber es stellte sich heraus, dass uns niemand sagen konnte, wo das Gleis 7 sei, das auf der Anzeigetafel als Abfahrtsort unseres Zuges genannt war. Niemand verstand auch nur unsere Frage, so dass wir, nun schon recht knapp, auf eigene Faust suchten und in der Tat paar wenige einsame Waggons fanden, die den Zug nach Instanbul darstellten. Von dem wunderbaren Schlafwagen allerdings, für den wir zwei luxuriöse Doppelkabinen gebucht und bezahlt hatten, war weit und breit keine Spur. Vielmehr handelte uns der Liegewagenschaffner nochmal je zehn Euro für Liegewagenplätze ab, teilte die üblichen Tücher, Kissen und Decken aus und los ging die langsame und ruckelige Fahrt in die Nacht.

Unser Abendlokal Iguana lag am Save-Kai, in einer ehemaligen Halle, und so gingen wir am Wasser entlang, dann durch einsame finstere Straßen mit baufälligen Häusern, dem Hotel zu. Es ist wirklich erstaunlich, wie einfach solche Wege mit GPS zu finden sind.
Am Morgen frühstückten wir ausgiebig, checkten aus, und brachten unsere Rucksäcke zum kleinen Gepäckraum des Hotels wo wir eine Weile warten mussten, weil sich drinnen noch eine Hotelangestellte umzog. Dann schauten wir uns kurz den Markt an der nahen Busstation an uns fuhren dann nach Zemun, einem sehr netten kleinen Vorort mit kleinen Häusern und  einem Turm oben am Berg, von wo die Aussicht noch viel besser gewesen wäre, wenn es nicht geschneit hätte. Am Donauufer lag Treibholz und die Gartenstühle der Lokale waren verwaist. Dafür fanden wir im Ort das Café Hollywood Stars, wo wir uns wieder aufwärmen konnten.

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Zurück in Belgrad besichtigten wir noch die Markuskirche, dann die große Burganlage, wo wir eine Weile umherwanderten, um uns schließlich ein Lokal zum Abendessen zu suchen. Dann ging es zum Bahnhof, wo wir mit Freude auch gleich den richtigen Waggon und unsere Liegeplätze fanden. In zwei Nachbarabteilen waren wieder Schotten, die gut getankt hatten und deshalb die Kälte nicht so spürten, denn der Wagen war nicht geheizt. Aber der Zug stand ja noch und der Liegewagenschaffner verteilte schon einmal Decken für die Nacht. In die hüllten  wir uns bald, denn es wurde frostig und das Wasser, das außen an den Fenstern entlangfloss, gefror zu Eis.