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25. Juli<br />München – Spandau

In der Nacht hatte es geregnet. Gerade einmal elf Grad zeigte das Thermometer am Morgen. Wir holten die warmen Jacken aus den schon gepackten Fahrradtaschen. Auf dem Weg zum Bahnhof zum Glück kein Regen. In der S-Bahn eine sehr nette ältere Mutter mit einem goldigen kleinen Mädchen, dem sie alle Bagger und Kräne auf dem Weg zeigte. Am Hauptbahnhof ein kaputter Aufzug, aber wir können Rolltreppe, auch mit schwer beladenen Rädern.

So ein durchgehender Zug mit Fahrradabteil von München nach Berlin ist eine feine Sache. Noch feiner wäre es, wenn die Fahrradhalterungen auch für Räder mit etwas dickeren Reifen gemacht wären, wenn der Einstieg eben wäre und wenn einen der Wagenstandsanzeiger nicht ans vordere Ende des Zuges schicken würde, während der Wagen 5 in Wirklichkeit, entgegen der fortlaufenden Nummerierung, ganz hinten zu finden ist - ein höchst unterhaltsamer Scherz, den schon die Wiseguys in ihrem Bahnlied besingen.

Der Zug nur spärlich besetzt. An den ersten Stationen stiegen ein paar stark riechende Personen ein. Da war es dann voll genug. Draußen war es trüb und regnerisch. Der Zug nahm ab Nürnberg einen unerwarteten Weg und so gelangten wir nach Würzburg und Fulda, bevor wir in Erfurt mit etwas Verspätung wieder auf den normalen Linienweg kamen.

Mit vergleichsweise wenig Verspätung kamen wir in Berlin Mitte an. Der erste Aufzug war kaputt, aber wir können ja Rolltreppe. Europaplatz, flüchtiger Blick auf Bundestag und Kanzlerinnenamt, dann um den Bahnhof herum und weiter Richtung Spandau. Fast immer am Wasser entlang. Am anderen Ufer Industrie, Thyssen. Dann kilometerlang links Wasser, rechts Laubenpieper-Datschen. Plötzensee. Auf dem Kanal Kanuten beim Ballspiel. Tegeler See. Schließlich das Evangelische Johannisstift, ein weiträumiges Gelände mit Backsteinbauten, einer großen Kirche und altem Baumbestand. Mittendrin das Hotel Christophorus, wo wir gebucht hatten

Freundlicher Empfang, komfortables Zimmer, zum Abendessen Suppe nach Hildegard von Bingen und ein paar exotische Kleinigkeiten. Nudeln mit Schweinegeschnetzeltem waren aus. Der Salat mit Scheiben vom Roarbeaf und einem Schälchen Chutney war gut und, ergänzt durch ein paar Scheiben Brot, auch ausreichend. Das Havelbräu ungewohnt, aber durchaus trinkbar. Der Kellner kugelrund, mit berliner Schnauze. Im Freien saßen, die Kälte nicht achtend, vier ältere Damen und gaben sich mit Wein ordentlich die Kante, so dass ihr Abgang am Ende etwas unordentlich war und sie, einander führend, lange miteinander und mit dem Kellner über den richtigen Weg nach Hause debattierten.

Wir gingen in unser Zimmer, wo nebenan, nur durch eine Tür getrennt, einer lange in süddeutschem Tonfall mit der Heimat telefonierte, so dass wir jedes Wort verstehen konnten. Irgendwann hörte er auf und wir konnten schlafen.